Nachdem ich vor wenigen Tagen dachte: Jetzt fängst du endlich mal mit Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots
an, welches sein kümmerliches Dasein nun schon seit mehr als einem Jahr
auf dem Stapel ungespielter Spiele fristet. Um wieder in die Story und
in das Gameplay zu finden, musste allerdings noch einmal Metal Gear Solid 3: Snake Eater ausgekramt werden, ebenso die eingemottete Playstation 2 (upps, noch
während des Verfassens dieses Textes fiel mir rein zufällig noch die
HD-Collection in die Hände, was für noch mehr Spielspaß sorgen wird…).
Beim Blick in die Hülle fiel mir die Quittung heraus,
die mir das Kaufdatum vom April ’05 datierte. 10 Jahre ist es schon
wieder her… der letzte Speicherstand immerhin 7 Jahre. Und was soll ich
sagen? Nachdem ich in den letzten Tagen knapp 20 Spielstunden
investierte, saß ich am Ende erneut mit Freudentränen in den Augen vor
dem Fernseher – wie schon damals mit meinen 12 Lenzen. Es war dieselbe
Freude wie damals, im Jahre 2005, als mich Hideo Kojima mit seiner Geschichte so unglaublich berührte und auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle entsandte.
Doch was genau ist es, das mein Herz
höher schlagen lässt? Ist es die Geschichte, die tiefgründigen Dialoge sowie die komplexen Beziehungen untereinander, die Musik, die Optik, die
Liebe zum Detail? So klischeehaft das auch klingen muss, es ist alles.
Das Gesamtpaket ist so stimmig, dass es das alles für mich zum perfekten
Spiel macht.
Wer mit der Metal Gear-Reihe vertraut ist, weiß zumindest um das konfliktgebeutelte Setting. Snake Eater,
der Prolog zu den nachfolgenden Teilen, schickt uns in die Wirren des
Kalten Krieges. Zwar mit reichlich Fiktion gespickt, wird der damalige
reale Konflikt mitsamt der daraus resultierenden bedrohlichen und
angespannten Stimmung perfekt eingefangen. Der Zeitgeist ist bei all den
fiktiven Elementen so greifbar, was stets durch kleine Details
aufgefrischt wird. Und handle es sich dabei nur um die berühmt
berüchtigten Funksequenzen. Die Gespräche zwischen Para-Medic, der
Sanitäterin auf “Abruf” und Snake, sind ein Genuss für jeden Cineasten.
Wenn Para-Medic versucht, Snake über die damalige filmische Landschaft
aufzuklären und mit Filmen wie Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben, über James Bond
um die Ecke kommt… dann geht einem als Filmfreund doch das Herz auf.
Und das ist nur eine der vielen Kleinigkeiten, die MGS so reizvoll
machen.
Es ist doch nur ein Spiel
Wer im größeren Maßstab denkt, der wird um die cinematischen Videosequenzen nicht herum kommen. Für den einen ist das die pure Epik, der andere wiederum wird von den Cutscenes wenig angetan sein, die zum Teil weit mehr als 10 Minuten für sich beanspruchen. Doch genau das gehört zum Spielerlebnis dazu. Das ist eines der Kernelemente der Reihe. Mastermind Hideo Kojima, der sich mit der Metal Gear Solid-Reihe ohnehin ein Denkmal setzte, ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Er bringt historische sowie fantastische Elemente, wie hier zum Beispiel die COBRA-Einheit – die zudem die Bosskämpfe bilden – unter einen Hut, was so flüssig von der Hand zu gehen scheint. Fast möchte man meinen, dass das, was einem das Spiel auftischt, glatt der Realität entzogen sein könnte, obwohl ständig das Wissen um die Fiktion im Hinterkopf schwebt. Es ist das feingliedrige Einflechten in das Große und Ganze, was die Spiele so besonders machen und eine selten dagewesene erzählerische Dichte erzeugt.
Natürlich darf bei all der Lobbekundung
der eigentliche Spielanteil nicht fehlen. Wir schleichen uns als “Naked
Snake” durch das Unterholz, gehen auf die Jagd nach Nahrung – vom
kleinen Fallobst bis hin zu Schlangen – versorgen Wunden und
infiltrieren feindliche Basen. Wie man dabei vorgeht, ist dem Spieler
selbst überlassen. Entweder man bemüht sich um möglichst wenig Aufsehen
und schaltet die feindlichen Einheiten bedacht mit der Betäubungspistole
aus, nachdem man das Gebiet sorgfältig studiert hat und erhält
anschließend in der Tarnung als Wissenschaftler Zutritt, oder man
schlägt sich im Rambomodus mit feinster Musik von Harry Gregson-Williams
untermalt durch feindliche Späh- und Unterstützungstrupps und lässt
Maschinengewehre und Granaten ihre Arbeit erledigen. Doch leicht ist das
nicht.
Es gab und gibt Spiele, die ihre Handlung, das Allumfassende, komplett ins Gameplay einbinden. Und es gibt Spiele wie Metal Gear Solid,
die genau das in filmreifen Sequenzen zeigen. Den Spielanteil strikt
vom Storyanteil unterscheiden und deshalb eine unglaublich dichte
Atmosphäre und Spannung für den weiteren Spielverlauf aufbauen.
Ist das überhaupt noch ein Spiel?
Natürlich. Ich mache es zwar nicht gerne, da sich die Spiele doch unterscheiden, aber The Last Of Us geht ähnliche Wege, auch wenn außerhalb der Cutscenes mittels tiefergehenden Gesprächsfetzen eine emotionale Bindung zu den Figuren erreicht wird. Aber darum soll es hier und jetzt nicht gehen. Lieber möchte ich auch weiterhin von Metal Gear Solid 3: Snake Eater schwärmen. Denn eigentlich ist es eine glatte Lüge. Auch in Snake Eater gibt es diese Gesprächsfetzen. Doch da man die meiste Zeit über allein der Mission nachgeht, fallen diese nicht so sehr ins Gewicht. Stattdessen komme ich lieber nochmal zu den Videosequenzen zurück. In diesen Teilen des Spiels bleibt uns nicht viel anderes übrig, als zuzusehen (oder den Dialogmuffeln das wegklicken). Doch manche Parts erlauben an bestimmten Stellen mit Drücken der R1 Taste, in die Sicht von Snake zu wechseln. Es mag wie ein unnötiges Gimmick erscheinen, und doch ist die Wirkung dessen immens. Während man sonst nur unbeteiligt als dritte Person zuschaut, erhält man als Spieler die Möglichkeit der Identifikation. Ich sehe genau das was meine Spielfigur auch sieht. Aus genau dem gleichen Winkel, aus genau den gleichen Augen.
Unbedeutend? Im Prinzip ja. Nimmt es Einfluss auf die Handlung? Nicht im geringsten. Ist es geschickt? Und wie! Wir werden Teil des Films, korrigiere: der Geschichte, wenn auch nur auf den kleinstmöglichen Nenner gebracht. Noch dazu sind diese Einschübe hin und wieder mit einem netten Gimmick geschmückt. Zudem verlieren wir nicht das Gefühl, von der Handlung ausgeschlossen zu sein, sie als Außenstehender zu sehen. Stattdessen erleben wir sie in ihren Grundzügen mit. Und das ist wichtig.