Werden wir uns an der berühmten Dschungelbuch-Erzählung jemals sattgesehen haben? Zur Beantwortung dieser Frage könnte Andy Serkis' kommende Verfilmung Mogli ein wichtiger Indikator sein, schließlich handelt es sich bei dem Leinwand-Abenteuer um die zweite Realfilm-Adaption der Geschichte innerhalb kurzer Zeit. Jon Favreau verzeichnete erst 2016 mit seinem The Jungle Book einen großen Kassenerfolg, weshalb auf Serkis - dem Regisseur der anstehenden Neuauflage - ein gewaltiger Druck lastet. Natürlich: Warner will mit seiner Interpretation des Dschungelbuchs Disney finanziell die Stirn bieten, doch abseits finanzieller Interessen deutet einiges darauf hin, dass wir keineswegs einen lauwarmen Aufguss dessen bekommen, was wir ohnehin schon zur Genüge kennen. Bereits vorab frohlockten die Macher, dass Mogli uns eine vergleichweise düstere Version des Dschungelbuchs präsentieren wird. Der nun veröffentlichte erste Trailer zum Leinwandabenteuer unterstreicht diese Ankündigung eindrucksvoll.
In Mogli ist endlich Zeit für Identitätskonflikte
Mogli ist bekanntlich ein Menschenjunge, der von Wölfen großgezogen wurde und nur die (oft sehr gefährliche) Welt des Dschungels kennt. Die Frage, wohin das Kind eigentlich gehört, ist der Geschichte damit immanent, spielte bei den bisherigen Disneyverfilmungen - also dem Zeichentrickklassiker von 1967 ebenso wie bei Favreau - allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund bei beiden Verfilmungen steht vielmehr der Aspekt des eskapistischen Abenteuers, welches spätestens in dem Moment ins Rollen kommt, als Antagonist Shir Khan erstmals die Bühne betritt. Demgegenüber heißt es bei Mogli schon im Trailer: "Ich bin kein Mensch, aber ein Wolf bin ich auch nicht!" Dies deutet darauf hin, dass dem (hier sogar titelgebenden) Protagonisten der Geschichte endlich mehr Tiefe verliehen wird. Interessanterweise ist Mogli bei Serkis nicht der einzige menschliche Charakter. Vielmehr scheint er in der von Freida Pinto verkörperten Figur eine Ersatzmutter zu finden, während Balu (gesprochen von Serkis) und Bagheera (Christian Bale) als Ziehväter beziehungsweise Mentoren fungieren, die ihn zum Bindeglied zwischen Mensch und Tier ausbilden. Wenn das mal kein spannender Ansatz ist, um Moglis (Rohan Chand) inneren Zwiespalt greifbarer zu machen.
Mit der Gemütlichkeit ist es in Mogli vorbei
Mogli wird sich enger an die literarische Vorlage halten als es noch bei den Disney-Versionen der Fall war. So gibt es bei Andy Serkis keinen King Louie, weil dieser in der originalen Erzählung von Rudyard Kipling auch nicht auftaucht. Gegenüber IGN verriet Serkis außerdem, dass er auf fröhliche Gesangseinlagen verzichtete - und das ist sehr verständlich, denn ein Song wie Balus Probier's mal mit Gemütlichkeit hätte zu dem düsteren Ton seines Films womöglich einen geradezu bizarren Kontrast gebildet. Stattdessen gemahnen einige Bilder des Mogli-Trailers sogar an Eli Roths farbenfrohen Kannibalen-Horror The Green Inferno und lassen vermuten, dass der Titelheld in einem von Menschen besiedelten Dorf ein seltsames Ritual über sich ergehen lassen muss.
Jedoch überzeugt im ersten Trailer zu Mogli nicht alles. So wirken die Animationen der Tiere weniger hochwertig als im Film von Jon Favreau (Beispiel: Shir Khan) und auch die Synchronsprecher wirken in der Originalfassung nicht ganz so ideal gecastet wie bei The Jungle Book. Im letztgenannten Leinwandspektakel war etwa Scarlett Johansson als listige Schlange Kaa aber auch praktisch unschlagbar.
Die genannten Kritikpunkte sind allerdings nur kleinere Schönheitsfehler und trüben meine Vorfreude auf Mogli keineswegs. Freilich wird sich erst mit dem Kinostart am 25.10.2018 abschließend zeigen, inwieweit der Film den Härtetest als Charakterdrama im Dschungel besteht. Dass Andy Serkis mit seiner Adaption zumindest die bestmögliche Richtung einschlägt, steht für mich spätestens nach dem Trailer bereits fest. Sollte Mogli scheitern, tut er das sehr wahrscheinlich immerhin mit wehenden Fahnen.
Wie sind nach dem Trailer für Mogli eure Erwartungen an den Film?