Im Dezember 2017 verkündete Disney zum ersten Mal, 21st. Century Fox für 52,4 Milliarden Dollar aufzukaufen, was eine der gewaltigsten Veränderungen in der Medienlandschaft nach sich ziehen würde. Ein halbes Jahr später ist der Disney-Fox-Deal final, wenngleich sich der Preis in der Zwischenzeit erhöht hat: Auf ein Gegengebot von Comcast von 65 Milliarden Dollar konterte Disney mit einer Summe von 71,3 Milliarden Dollar. Mitte 2019 soll das Geschäft in allen Details abgeschlossen sein und 21st Century Fox unter dem Dach von Disney agieren, während das Boradcast-, Nachrichten- und Sportgeschäft von Fox als neue Firma eigene Wege geht. Doch wie wird der aufgekaufte Teil von Fox bei Disney weiterexistieren?
Fox ist weder Pixar, Marvel Studios noch Lucasfilm
Natürlich kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher gesagt werden, wie die Zukunft von Fox bei Disney genau aussieht. Wenngleich der Deal inzwischen unterschrieben ist, wird sich die Fusion noch einige Monate hinziehen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Fox-Kauf nicht bloß auf das Filmstudio 20th Century Fox mit allen seinen Sub-Unternehmen betrifft, sondern auch Fox Networks mitsamt FX Networks, von Anteilen bei National Geographic, Star TV, Sky und Hulu ganz zu schweigen. Das von Disney gekaufte Fox besteht aus vielen wertvollen Bestandteilen. Fraglich ist, ob diese in ihrer jetzigen Beschaffenheit weiterhin bestehen oder verändert werden.
Vor allem im Hinblick auf 20th Century Fox wäre es durchaus vorstellbar, dass sich Disney nur die wichtigsten Fox-Marken herauspickt und sich vom überflüssigen Ballast befreit. Immerhin muss der Konzern fortan bedeutend mehr Produktionen im Kalender unterbringen und darauf achten, dass sich die Filme nicht gegenseitig kannibalisieren. Der Flop von Solo: A Star Wars Story dürfte dabei eine Lehre gewesen sein, denn Lucasfilm, ebenfalls eine Disney-Tochter, musste das Han Solo-Spin-off mitunter gegen die hauseigene Konkurrenz durchboxen, während für Disney die Marvel Studios-Veröffentlichung Avengers 3: Infinity War klare Priorität hatte.
Fox und Disney werden sich auf die wichtigsten Marken fokussieren
Mit Fox an Bord erhöht sich die Anzahl der bei Disney neu erscheinenden Filme pro Jahr gleich um einen zweistelligen Betrag. Deswegen wäre es gar nicht abwegig, wenn Disney nur die profitabelsten Franchises am Leben erhält. Einzelne Fox-Segmente könnten zu anderen Abteilungen des Unternehmens wandern, naheliegend wäre zum Beispiel die Zusammenführung von Marvel-Fox und Marvel-Disney unter dem Banner des Marvel Cinematic Universe. Fox wäre allerdings aufgeteilt und würde damit langfristig an Identität verlieren. Aber hat das Studio überhaupt eine? Wo sich Marvel Studios und Lucasfilm klar über ihre Properties definieren, fehlt Fox trotz so ikonischer Figuren und Filme wie Alien, Predator, Stirb Langsam, Avatar und Co. eine vergleichbar starke Marken-Stimme.
Vielleicht kommen sich die Fox-Filme aber auch gar nicht so sehr mit den Disney-Filmen in die Quere. In den vergangenen zehn Jahren haben die Studios ihre Anzahl an veröffentlichten Filmen deutlich reduziert. Ohne Pixar, Marvel und Star Wars kommt Disney dieses Jahr gerade einmal auf fünf Produktionen. Die Marschrichtung ist klar: Anstelle viele verschiedene Filme auf den Markt zu bringen, wird sich auf wenige Projekte konzentriert, die dafür umso gezielter in Stellung gebracht werden. Große Stoffe mit Erfolg an den Kassen werden erwartet.
Disney - seit drei Jahren das erfolgreichste Studio am Box Office - fährt mit dieser Strategie überaus erfolgreich und puscht jede Veröffentlichung mit absoluter Präzession. Wenn Fox als autarkes Unternehmen bei Disney weiterexistiert, dürfte die Übernahme dieser Strategie forciert werden, wodurch aber kleinere Filme aus dem Kalender fallen. Wenn wir uns die für 2019 geplanten Fox-Starts anschauen, dürfen sich Filme wie X-Men: Dark Phoenix definitiv auf eine Zukunft freuen, während ein gewagter Science-Fiction-Film vom Kaliber Ad Astra womöglich gar kein grünes Licht mehr erhält, da die Zielgruppe zu nischig und die Box Office-Erwartungen dementsprechend gering sind. Ein rares Risiko-Projekt wie The Revenant, der für Fox vor drei Jahren an den Kinokassen unerwartet zum Erfolg wurde, dürfte Disney kaum umstimmen.
Im Zweifelsfall gibt es immer noch Disneys Streamingdienst
Als Steven Spielberg vor fünf Jahren die Implosion des Kinos vorhersagte, lag er zumindest in einer Annahme richtig: Die kleinen, günstigen Studio-Produktionen verschwinden zunehmend aus dem Kino, während gigantische Summen in Mega-Blockbuster investiert werden. Ob die Implosion tatsächlich erfolgt, bleibt abzuwarten. Vorerst erweist sich die Fokussierung auf eine Handvoll großer Projekte jedoch als Vorteil für Fox und Disney, um sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen. Die verschenkte Ressourcen wird es voraussichtlich trotzdem nicht geben, schließlich plant Disney 2019 den Start seines eigenen Streaminganbieters, um Netflix und Co. Konkurrenz zu machen. Spätestens hier wird sich Fox als entscheidender Content-Lieferant erweisen. Es wird sowieso darüber spekuliert, dass Disney Fox nicht wegen der Kinosparte kaufte, sondern damit in die VOD-Zukunft starten will.
Was sagt ihr zur Zukunft des Kinos nach dem Disney-Fox-Deal?