Sicherlich nicht der beste Film, um sich auf der Couch zu entspannen: Strafpark von Peter Watkins solltet ihr dennoch gesehen haben. Der dystopische Sci-Fi-Film, der im Gewand einer Mockumentary – also einer fiktionalen Dokumentation – daherkommt, ist einer der härtesten Beiträge des politischen Kinos der 1960er und 1970er Jahre.
Vor wenigen Tagen ist er ins Streaming-Abo bei Amazon Prime gekommen.
Härter als die Hungerspiele: Strafpark bei Amazon Prime ist ein extrem verstörender Sci-Fi-Film
Strafpark entführt in eine alternative Geschichtsschreibung, in der sich die Konflikte auf dem Erdball zuspitzen. Von sowjetischen U-Booten, die sich vor Kuba positionierten, bis hin zum Vietnamkrieg, der immer größere Opfer fordert: US-Präsident Richard Nixon sieht sich gezwungen, von mehreren Notstandsgesetzen Gebrauch zu machen.
Auf Grundlage des McCarran International Security Act nimmt er politische Gegner ins Visier. Wer gefasst wird, hat nur eine Chance, seiner Haftstrafe zu entkommen: mit einem Gang durch den Strafpark. Dieser Strafpark befindet sich in der Wüste und besteht nur aus trockener Erde und spitzen Steinen. Kein Wasser, keine Nahrung.
Hier könnt ihr den Trailer zu Strafpark schauen:
Wem es gelingt, in drei Tagen ohne Verpflegung eine rund 80 Kilometer lange Strecke zu einer aufgestellten US-amerikanischen Flagge hinter sich zu bringen, ist frei. Erschwert wird der Überlebenskampf von Polizei und Mitgliedern der Nationalgarde, die den Verurteilten bewaffnet an den Fersen hängt.
Die Hungerspiele wirken entspannt dagegen: Watkins setzt seinen Film mit rauen Bildern und intensiven Close-ups in Szene, sodass man sich dem Gezeigten unmöglich entziehen kann. Eine eindringliche Filmerfahrung, die durch den Mockumentary-Ansatz sowie die Improvisation der Schauspielenden erschreckend greifbarer wirkt.
Strafpark bei Amazon Prime: Eine beunruhigend realistische Dystopie, die für Kontroversen sorgte
Mitunter könnte der Eindruck entstehen, Aufnahmen zu sehen, die tatsächlich irgendwo in der Wüste 1971 von einem Kamerateam festgehalten wurden. Kein Wunder, dass dieser schonungslose, bis auf die bitterste Konsequenz zu Ende gedachte Film nach seiner Premiere für zahlreiche Diskussionen und Kontroversen sorgte.
Watkins, der ebenfalls das Drehbuch schrieb, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Kritik an der politischen und sozialen Situation in den USA zu Beginn der 1970er Jahre geht. Bewusst verwischt er die Grenze zwischen Fiktion und Realität, während er das extrem düstere und provokante Bild eines faschistischen Staats zeichnet.
Nach der Cannes-Premiere schrieb Vincent Canby in der New York Times :
[...] Strafpark ist ein Film von solch unverblümter, fehlgeleiteter Aufrichtigkeit, dass man sich die ersten zehn hysterischen Minuten anschaut, bevor man merkt, dass es sich im Grunde um den Wunschtraum eines Masochisten handelt. Wie Watkins' früherer Film The War Gable, der in eher liebevoll-grausamen Details Großbritannien nach einer Atomexplosion schilderte, projiziert Strafpark gegenwärtige Realitäten in eine Zukunftsvision, die mehr von den Auswirkungen des Grauens fasziniert ist als von den Ursachen.
Eineinhalb Stunden sucht man vergeblich nach Figuren, an denen man sich festhalten kann, doch Strafpark ist trotz der ausgestellten Hitze ein erbarmungslos kalter Film, der das damalige Publikum an seine Grenzen brachte. In den vergangenen Jahren hat sich der Blick auf Strafpark jedoch gewandelt, nicht zuletzt aufgrund seiner Zeitlosigkeit.
Peter Bradshaw schrieb rückblickend im Guardian :
25 Jahre später ist Peter Watkins' dystopischer Alptraum immer noch fesselnd, wenn er sich vorstellt, wie Hippies und Radikale von der Nationalgarde für einen quasi-richterlichen Sport gefoltert werden ... eine Satire der allerschärfsten Art.
Strafpark flog nach vier Tagen aus dem Kino und wurde vom Fernsehen gar nicht erst gezeigt
Obwohl dem Film aufgrund seiner kontroversen Rezeption oft nachgesagt wird, er wäre in den USA verboten worden, gibt es keine Belege dafür. Vielmehr erhielt Strafpark schlicht keine richtige kommerzielle Auswertung in den USA. In einem selbst geführten Interview aus dem Jahr 2005 fasst Peter Watkins die US-Veröffentlichung des Films zusammen:
Die Hollywood-Studios weigerten sich, den Film zu vertreiben, da sie – wie sie uns offen sagten – Vergeltungsmaßnahmen seitens der Bundesbehörden befürchteten. Es gelang uns, jemanden zu finden, der den Film herausbrachte, aber entweder aus Angst vor Gegenreaktionen oder weil sie keinen anderen Ort finden konnten, der den Film zeigen wollte, wurde Strafpark in einem obskuren Kino ganz unten im unbewohnten Finanzbezirk von Manhattan gezeigt.
Weiter erzählt Watkins:
Der Film lief nur vier Tage. Er wurde plötzlich aus dem Programm genommen, und wir haben nie herausfinden, warum. Was das US-Fernsehen anbelangt, so beteuerten auf einer Konferenz der PBS-Produzenten (in meiner Anwesenheit) alle, dass sie niemals einen so schrecklichen Film im Fernsehen zeigen würden. Und soweit ich weiß, haben sie das in 30 Jahren auch nie getan.
Das eine Kino, das so mutig war, Strafpark zumindest für vier Tagen zu zeigen, war das Murray Hill Cinema in Manhattan. Danach ist der Film von der Bildfläche verschwunden und wurde erst nach und nach wiederentdeckt. Seit dem 18. März 2025 könnt ihr ihn bei Amazon Prime ohne Zusatzkosten im Streaming-Abo schauen.