Wer den deutschen Film nur als seichtes Drama ohne Farbsättigung kennt, der lasse sich heute vom Gegenteil überzeugen. Denn ab sofort ist auf Netflix ein Film aus unserer Heimat verfügbar, der in seiner Intensität und grausamen Realität so einiges in den Schatten stellt, was das deutsche Kinopublikum gewohnt ist.
Er vereint eine der genialsten deutschen Nachwuchsdarstellerinnen, die bereits mit keinem Geringeren als Tom Hanks vor der Kamera stand mit einer Geschichte, die euch den Boden unter den Füßen wegzieht: Nora Fingscheidts Systemsprenger. Aber Achtung: Für dieses wahrlich ungewöhnliche Filmerlebnis sollte man Nerven wie Drahtseile mitbringen.
In Systemsprenger treibt ein junges Mädchen ihr Umfeld an den Rand der absoluten Verzweiflung
Wir sprechen hier übrigens nicht von einem Thriller oder Horrorfilm. Nein, Systemsprenger ist gerade durch seine Realitätsnähe und Alltagsproblematik so erschreckend. Helena Zengel (auch bekannt für Neues aus der Welt mit Tom Hanks) verkörpert die junge Benni, die es den Erwachsenen um sie herum nicht leicht macht. Nicht allerdings mit böser Absicht, sondern durch die Art, wie sie eben ist.
Benni verliert schnell die Kontrolle. Ihre Aggression im Zaum zu halten, ist für sie praktisch unmöglich. Sie bekommt Wutanfälle, beleidigt die Menschen um sie herum, wird gewalttätig. So kann sie sich in kein normales soziales Umfeld einfügen und sorgt mehr als einmal für verzweifelte Tränen bei ihrer Mutter und Ratlosigkeit bei Neurologen, Betreuern und anderen Spezialisten.
Als letzte Hoffnung tritt Micha (Albrecht Schuch) auf den Plan, der Erfahrung mit ähnlichen Fällen wie Benni hat. Er geht völlig anders an ihre Probleme heran als alle seine Vorgänger. Und plötzlich taut Benni auf. Doch die Beziehung zwischen den beiden ist unfassbar zerbrechlich und nur ein falscher Schritt könnte den Plan rettungslos scheitern lassen.
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Systemsprenger ist so packend wie kaum ein deutscher Film der letzten Jahre
Benni ist eine Protagonistin, wie sie selten im Kino und noch seltener im deutschen Kino vorkommt: Sie ist verletzend und verletzlich zugleich, ein Abbild dessen, was nicht in die bestehenden Strukturen unserer Gesellschaft hineinpasst. Sie zeigt, wie ein Mensch an diesem System und sich selbst zerbrechen kann, wenn keine Hilfe geleistet wird.
Die Reise, auf die uns dieser Film mitnimmt, ist nervenaufreibend, treibt in den Wahnsinn, lässt uns die Haare raufen, mitfiebern, Tränen wegwischen. Gerade die Hilflosigkeit, die viele Erwachsene in Bennis Umfeld lähmt, sorgt für eine grauenhafte Anspannung. Das ist fürchterlich schön inszeniert und von Helena Zengel so genial gespielt, dass Systemsprenger auf der Berlinale hohe Wellen schlug.
Dabei wird schnell klar, dass wir es hier mit einem permanenten Spiel von Hoffnung, Frustration und Angst um ein ebenso furchteinflößendes wie rettenswertes Kind zu tun haben. Systemsprenger setzt sich über so manche Grenze hinweg, und das Ergebnis ist purer Stress im besten Sinne, der von Anfang bis Ende beeindruckt.
Wer diese ungewöhnliche Filmerfahrung des deutschen Kinos selbst machen will, kann das ab heute im Streaming-Abo bei Netflix tun.