Only God Forgives wird leider missverstanden

22.07.2013 - 00:00 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Only God Forgives
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Only God Forgives
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Nicolas Winding Refns neuer Film, Only God Forgives, ist mehr, als nur ein Drive-Aufguss

Es ist schon erstaunlich, wie einige Kritiker Only God Forgives von Nicolas Winding Refn mutwillig missverstehen wollen. Der Film sei gewaltverherrlichend, inhaltsleer, überästhetisch und wieder mal eine One-Man-Show von Ryan Gosling. Nichts davon ist der Fall. Zwar ist die Gewaltdarstellung brutal, der Plot schlicht, die Künstlichkeit groß und Ryan Gosling spielt auch dieses Mal großartig, doch warum muß man diesen Film mit moralinsauren Kategorien bewerten?

Wenn man auf der bloßen Handlungsebene verweilen will, gibt der Film in der Tat nicht viel her. Aber wenn wir von einem großen Kunstwerk sprechen, meinen wir aus gutem Grund die formale Umsetzung, die eine Inhaltsseite offenbart, die weit über das „Who dunnit“ hinausgeht. Der Regisseur irritiert unsere Auffassung, die das Kino sonst stets wiederholt, dass es sich bei den auftretenden Schauspielern im Film um Personen handelt, die mit komplexen Psychen ausgestattet sind.

Angelehnt an das Theater der historischen Avantgarde, an Brecht und das maskenhafte Barocktheater will Only God Forgives genau damit brechen. Wie man einzelne Szenen mit Hilfe des Montageprinzips zusammenkleben kann, so klebt Refn auch die Figuren zusammen, jedoch so bruchstückhaft, daß sie nicht zu Personen werden. Sie bleiben Montagekomplexe, die von einzelnen Schauspielern buchstäblich verkörpert werden.

Neben Alejandro Jodorowsky, dem der Film gewidmet ist, werden Stilmittel von Alfred Hitchcock, Quentin Tarantino, David Lynch, Brillante Mendoza und Luis Buñuel zitiert, mit denen Nicolas Winding Refn jedoch etwas völlig Neues kreiert. Es ist ein Film, der unsere Kinowahrnehmung, unser Sehen und unseren Hang zu alltäglichen Narrativen vollkommen in Frage stellt und dabei trotz aller Brutalität von einer hinreißenden Poesie getragen ist. Das Wechseln von Präsenz und Abwesenheit ist Thema des Films und gleichzeitig das Grundthema des Kinos selbst.

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