Rainer Matsutani, Regisseur von Gangs, über die Arbeit mit den Ochsenknecht-Brüdern

30.09.2009 - 14:00 Uhr
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Rainer Matsutani, Regisseur von Gangs, erzählt von der Zusammenarbeit mit den jugendlichen Darstellern, dem besonderen visuellen Stil von Gangs und dem Potential der Ochsenknecht-Brüder.

Die Haupdarsteller in Gangs sind die Jungstars Wilson Gonzalez Ochsenknecht und Jimi Blue Ochsenknecht. Regisseur Rainer Matsutani bekennt im Interview, dass ihm die Zusammenarbeit mit dem unterdurchschnittlich jungen Ensemble trotz aller Anstrengung viel Spaß bereitet hat.

Die Dreharbeiten zu Ihrem Kinofilm Gangs sind beendet, wie ist das Projekt denn, rückblickend betrachtet, verlaufen?

Es war ein sehr, sehr guter, wenn auch ein sehr intensiver und anstrengender Dreh. Aber wenn man so ein befriedigendes Arbeitsergebnis hat und so eine kreative Zusammenarbeit mit den ganzen jugendlichen Darstellern, dann ist doch alles sehr gut verlaufen. Ein Indiz dafür ist auch, dass ich selten übernächtigt war und meine Nerven nicht allzu sehr strapaziert wurden.

Wie muss man sich die Arbeit mit Jugendlichen vorstellen?

Meistens sehr lustig, manchmal sehr anstrengend. Das sind eben Teenager, das sind keine Kinder mehr und noch keine Erwachsenen. Und tatsächlich sieht es so aus, als ob hier bestimmte Klischees bestätigt werden: Die Mädchen sind sehr ehrgeizig und diszipliniert, die Jungs manchmal ein bisschen faul und träge, manchmal aber auch wieder spontan und lustig. Und genau das hatten wir auf dem Set.

Gangs besitzt einen ganz besonderen visuellen Stil, könnten Sie uns diesen Look beschreiben?

Mir ist aufgefallen, dass sich das Gros der deutschen Spielfilme und Fernsehfilme an einem sehr authentischen und realistischen Look versucht. Wir aber haben gesagt: Lasst uns den Willen zu einem Stil haben, lasst uns einen intensiven und farbigen Look kreieren, der das flirrende, irre Lebensgefühl unserer Teenager widerspiegelt.

Wie haben Sie diesen Stil kreiert?

Mein Kameramann Clemens Messow und ich haben uns auf ein streng definiertes Farbkonzept geeinigt. Es ist farbig, aber nicht beliebig bunt. So haben wir uns zum Beispiel bei den 78ern, das ist die asiatische Gang, für Rot als Hauptfarbe entschieden, weil Rot im asiatischen Raum eine wichtige Rolle spielt. Und so bekam jede Gruppe bestimmte Farben zugeordnet. Man darf nicht vergessen, dass die Teenager, also unser Haupt-Zielpublikum, einen sehr modernen Stil gewöhnt sind. Sie gucken VIVA, MTV und amerikanische Mainstream-Filme. Man muss da irgendwie mithalten. Wenn wir da mit der deutschen Tristesse kommen, haben wir von vornherein verloren.

Auch auf die Outfits wurde besonders viel Wert gelegt.

Wir wollten ein wenig von den gängigen Klischees wegkommen. Bei uns haben die Rox schwarze Lederklamotten an. Schwarz assoziiert man ja immer mit dem Bösen. Und die Killaz, die psychopathisch böse Gang, die sind reinweiß, was man ja gemeinhin mit dem Guten assoziiert. So haben wir einen strengen Stil festgelegt: Die Killaz sind in edlen weißen, maßangefertigten Designerklamotten unterwegs, sie bevorzugen einen sehr distinguierten Stil. Bei den Rox wollte ich keinen als altmodischen 50er- oder 60er-Jahre-Rocker zeigen. Sie besitzen zwar dieses klassische Lederelement, aber sie haben auch coole Schmuckstücke und modernere Hosen an. Man muss Alt und Neu miteinander kombinieren, um eine Rockergang zu zeigen, die mit der Zeit geht.

Gangs ist ein Ensemble-Film, das heißt, es gibt viele gleichberechtigte Rollen. Wie gestaltete sich das Casting?

Ich wollte eine Mischung aus guten Schauspielern und sehr guten Typen haben. Tolle Typen wie Rambo zum Beispiel, der Muckis hat und ab und zu einen coolen Spruch auf den Lippen, der für Humor sorgt, weil er mit seiner Bordeaux-Dogge Eisen seine speziellen Probleme hat. Dann wiederum brauchten wir den coolen Sonnyboy, dargestellt von Jannis Niewöhner, der den Jan spielt und eher so ein James-Dean-Typ ist. Wir haben ein sehr, sehr langwieriges Casting in ganz Deutschland gemacht, um diese Kombination aus guten Schauspielern und charakterstarken Typen zu finden.

Wie definiert sich Ihrer Meinung nach eine Gang im Vergleich zu einer Clique?

Zunächst einmal finde ich, dass es schon lange keinen guten Gang-Film mehr gab. Die letzten guten Beispiele aus diesem Genre waren Rumble Fish, Die Outsider und The Wanderers – Terror in der Bronx Anfang/Mitte der 80er Jahre. Deshalb fand ich die Idee von Andreas Ulmke-Smeaton, mal wieder einen Gang-Film zu machen, ausgezeichnet. Und was zeichnet eine Gang aus? Das ist sicherlich eine über die Freundschaft hinausgehende Loyalität, dass man sich über einen speziellen Kleider- und Sprachcode definiert, sich abgrenzt und so Zusammenhalt, eine Art Ersatzfamilie findet.

Mit welchen Filmen könnte man Gangs am ehesten vergleichen?

Wir erzählen unsere Geschichte nicht auf authentische oder realistische Weise. Dieser Film ist Popcorn-Kino, das heißt weniger wie Knallhart meines hoch geschätzten Kollegen Detlev Buck, der ja ein sehr realistisches Abbild war, sondern mehr eine West Side Story im Jahr 2009. Denn es geht ja auch um ein von Jimi Blue Ochsenknecht gespieltes Gang-Mitglied, das sich in eine so genannte höhere Tochter verliebt, eine Ballettschülerin. Und er fühlt sich von dieser Welt auch durchaus angezogen.

Jimi und Emilia müssen sich ja auch küssen. Wie kamen sie mit dieser Herausforderung zurecht?

Zu meiner Verwunderung haben die beiden die Kussszenen rübergebracht wie alte Profis. Wenn ich mich zurückerinnere … als ich 15 oder 16 war, wäre ich sofort knallrot angelaufen, wenn ich nur in die Nähe eines Mädchens gekommen wäre. Und die zwei haben geküsst, geknutscht, Zärtlichkeiten ausgetauscht – und dann war der Take zu Ende und man hat ganz normal weitergeplaudert. Das war sehr professionell und routiniert.

Wilson spielt den Anführer der Rox. Wie hat sich der ältere der Ochsenknecht-Brüder geschlagen?

Wilson ist ein sehr begabter Schauspieler. Er ist ein sensibler Junge, den ich sehr lieb gewonnen habe. Er ist wirklich ganz bezaubernd. Wir hatten uns am Anfang gefragt, ob er wirklich diesen ultraharten Chris darstellen kann. Aber er hat nach und nach in diese Rolle hineingefunden und mich, seine Kollegen und das ganze Team damit begeistert.

War es hilfreich, dass Wilson und Jimi Blue Brüder sind?

Ich glaube, das war ein Vorteil. Allein wenn die beiden miteinander sprechen und das Wort „Bruder“ benutzen, werden da ganz andere Assoziationen möglich. Was macht gutes Schauspiel aus? Dass sich ganz kleine Dinge in Großaufnahme zwischen den Darstellern abspielen. Und wenn hinter den Worten schon ein ganzes Leben steckt, das Miteinanderaufwachsen, dann setzt so etwas ganz andere Kräfte frei.

Sie haben in den letzten Jahren vorwiegend fürs Fernsehen gearbeitet. Woran lag es?

Ich habe in der Tat nur zwei Kinofilme realisiert, dafür in letzter Zeit viele Eventfilme. Leider hat man im deutschen Kino nur sehr wenige Filmgenres zur Verfügung. Es gibt die Komödie, den Kinderfilm, Arthaus und dazwischen nicht viel. Und wenn man etwas anderes machen will, wie zum Beispiel den Thriller Das Papst-Attentat, dann muss man dies als Fernsehproduktion machen. Ich würde in Deutschland gerne einmal einen tollen Action-Film, einen tollen Thriller fürs Kino inszenieren, aber diese Genres haben sich hier leider nicht etabliert. Deshalb freut mich die Sache mit Gangs umso mehr. Denn mit diesem Projekt ist mir etwas ganz Tolles in den Schoß gefallen.

Mit Material von Walt Disney

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