Von 1988 bis 1997 lebte Fernsehamerika (bzw. Fernsehdeutschland ab 1990) mit der Arbeiterfamilie Conner aus Lanford, Illinois. Familienoberhaupt Roseanne (Roseanne Barr) war ebenso schlagfertig wie ihre Brut oder Ehemann Dan (John Goodman). Gemeinsam kämpften sie sich durch die Höhen und Tiefen des Alltags und des Lebens und das mit jeder Menge Humor. Die Serie verband ernste Familienthemen mit unglaublich komischen Momenten und hatte mit einer unverschämten, lauten und nicht dem Fernsehideal entsprechenden Familie die besten Voraussetzungen, mein Herz zu gewinnen. Deshalb geht mein heutiges Herz für Serie an Roseanne und das seltsame Ende einer sonst herausragenden Serie. Achtung Spoiler! Wer lieber nichts über das Ende der Serie erfahren will, sollte spätestens jetzt aufhören zu lesen.
Der Lottogewinn und seine Auswirkungen
Ende der achten Staffel heiratet Tochter Darlene (Sarah Gilbert) ihre Jugendliebe David (Johnny Galecki) und Dan erleidet nach der Trauung einen Herzinfarkt. Anfang der neunten Staffel liegt er noch im Krankenhaus. Kurz nachdem er wieder zu Hause ist, gewinnt die Familie plötzlich im Lotto. Mit einem Millionengewinn verändert sich das Leben der Conners – und auch die Serie. Rein optisch werden die Kulissen verändert, die Küche wird von Grund auf renoviert, die heruntergekommene Wohnzimmereinrichtung wird durch Designermöbel ersetzt und einzig die gehäkelte Sofadecke bleibt erhalten. Die gesamte Storyline und die Charaktere sind abgehobener als in den Staffeln davor und haben nichts mehr mit der Bodenständigkeit früherer Folgen zu tun. Die Familie erlebt die verrücktesten Dinge, Schwester Jackie (eine zu diesem Zeitpunkt völlig hysterisch spielende Laurie Metcalf findet ihren Prinzen (ja, ein richtiger Prinz), Schwiegersohn Mark (Glenn Quinn) ist nur noch grenzdebiles Anhängsel und Darlene hat gar keine ernsten Ansichten mehr und kann nur noch frotzeln.
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Am schwerwiegendsten ist jedoch die Veränderung um Dan. In der Hälfte der Staffel taucht er gar nicht auf, denn er muss zu seiner kranken Mutter nach Kalifornien. Das wäre noch zu verkraften, würde er nicht in der dreizehnten Folge seiner Frau und dem bangen Zuschauer gestehen, dass er eine Affäre hatte. In all den Staffeln ist die Beziehung der beiden mit die größte Antriebskraft für die gesamte Serie. Ihre Streitereien, Versöhnungen und wieder die Streitereien sind fester Bestandteil des Ganzen. Ein Seitensprung wirkt völlig untypisch für Dans Charakter.
Das Ende und was ich gern gehabt hätte
Nachdem Darlene mit dem Baby bei Dan und Roseanne eingezogen ist, sitzen alle um den Tisch herum und reden über die Zukunftspläne. Dann kommt Roseannes Stimme im Voiceover und stellt so einiges klar. Der Zuschauer erfährt, dass die ganze Serie nur auf Roseannes Fantasie beruht. Sie hat in ihrem kleinen Büro im Keller über ihr Leben geschrieben und alle Details, die ihr nicht gefielen, geändert. So zum Beispiel auch, dass ihre Schwester Jackie eigentlich lesbisch war und nicht ihre Mutter. Darlene war tatsächlich mit Mark zusammen und David mit Becky, aber sie dachte immer, dass es umgekehrt viel besser passen würde. Und dann ist natürlich Dan an den Folgen seines Herzinfarktes gestorben. Alles, was sie danach über die Affäre, die vorübergehende Trennung und sogar den Lottogewinn geschrieben hat, geschah nur, um ihre Gefühle und die Geschehnisse zu verarbeiten. In der letzten Szene verlässt sie das Büro, geht durch die alte Küche, vorbei an dem riesigen roten Kühlschrank und setzt sich in ihrem alten, heruntergekommenen Wohnzimmer auf die Couch und schaltet den Fernseher ein.
Als der erste Schock über dieses Ende bei mir verklungen war, machte ich mir damals Gedanken darüber, was ich gern gehabt hätte. Diese Überspitzung der Charaktere und die absurde Storyline ergeben zwar mit der letzten Szene Sinn, aber die meisten Zuschauer haben sich den Großteil der letzten Staffel über gefragt, wohin diese einstmals so geniale Serie denn nun hinsteuert. Von mir aus hätte man die gesamte neunte Staffel weglassen können und vom Herzinfarkt bei der Trauung direkt zu Roseanne an ihren Schreibtisch überblenden können. So wäre allen Charaktere ein würdiges Ende widerfahren.