Für uns Europäer als Phänomen vermutlich kaum greifbar, gehören sie auf der anderen Seite des Atlantischen Ozeans seit jeher zum Kulturgut und sind so Amerikanisch wie Stars & Stripes, das Recht auf Schusswaffen und Donuts: Cheerleader (von to cheer = jubeln; leader = Führer).
Werden die meisten bei dem Begriff Cheerleader, geprägt durch die Darstellung in Funk und Fernsehen, wohl als erstes an junge, etwas naive, hübsche, blonde Mädchen denken, die mit kurzem Röckchen und Dauerlächeln bekleidet sind, liegt man mit ebendiesem in vielen Filmen porträtierten Klischee, obwohl nicht vollkommen unbegründet, ziemlich daneben. Natürlich gibt es viele Cheerleader, die in dieses Bild hineinpassen, so waren zum Beispiel Meryl Streep, Cameron Diaz, Dakota Fanning, Miley Cyrus, sowie Kirsten Dunst und Megan Fox, die beide diese Rolle später auch in Filmen übernehmen sollten, allesamt Pom-Pom-Girls. Unter den Namen bekannter Cheerleader lassen sich aber ebenso viele Männer finden, darunter fünf ehemalige US-Präsidenten, die größte Überraschung dabei vermutlich der Republikaner George W. Bush, und, um wieder eine Brücke zurück zu den bewegten Bildern zu schlagen, Filmstars wie Samuel L. Jackson, James Stewart und Kirk Douglas. Was im ersten Moment seltsam anmuten mag, ist bei näherer Betrachtung alles andere als ungewöhnlich. Betrachtet man die Sache historisch, stellt man nämlich fest, dass die inzwischen schon über 130 Jahre alte Sportart, wie viele Métiers, ursprünglich eine reine Männerdomäne war. Dies änderte sich erst in den 1920er Jahren. Und als die Männer dann etwa zwei Jahrzehnte später wegen des Zweiten Weltkriegs wenig in sportliche Aktivitäten eingebunden waren, übernahmen die Frauen deren Positionen in den Teams und auch das Cheerleading wurde schließlich interessant für das schöne Geschlecht. Heute sind nur noch etwa 3% aller Cheerleader männlich.
Betrachtet man das Bild der Cheerleader im Filmbereich, ist zu erwähnen, dass die Mädchen vor allem als sexuelle Fantasie sehr begehrt und daher besonders in einem speziellen Genre sehr beliebt sind. Der Film Cheerleaders von Regisseur Robby D. war einer der beliebtesten Pornofilme des Jahres 2008. Er konnte bei fünf weiteren Nominierungen vier AVN-Awards (einer der wichtigsten Preise der Erotikbranche), unter anderem für den meistgeliehenen und meistgekauften Film, für sich beanspruchen. Der Genreklassiker Debbie does Dallas, in dem die Hauptfigur sich durch sexuelle Gefälligkeiten Geld verdient, um die Kosten für ihre Fahrt nach Texas aufzubringen, wo sie in ein professionelles Cheerleader-Team aufgenommen wurde, brachte es auf stolze 11 Fortsetzungen, ein Spin-Off, ein Remake und schaffte es sogar als Musical-Komödie an den Off-Broadway, in dieser Version natürlich um die Sexszenen entschärft.
Ebenfalls ohne Hardcore-Sex-Szenen kommen die sogenannten Cheerleader-Filme aus, die neben den ähnlich gelagerten Krankenschwestern-Filmen ein beliebter Zweig des Exploitation-Kinos der 70er Jahre sind. Diese sexy Komödien, wie The Cheerleaders oder Cheerleader’s Wild Weekend zeigen in simplen Geschichten den ganz normal verrückten Alltag der Mädchen in Cheerleader-Teams, und legen ihren Fokus dabei vor allem auf viel nackte Haut, Sex, Rock ’n’ Roll und Drugs, und das, obwohl man sich als Cheerleader im wirklichen Leben mitunter sogar damit einverstanden erklären muss, nicht einmal Alkohol zu trinken. Erwähnenswert ist hier noch die Schauspielerin Cheryl ’Rainbeaux’ Smith die nicht nur für die Rolle der Iris in Taxi Driver vorgesprochen hat, sondern auch und vor allem aus den Cheerleader-Filmen The Swinging Cheerleaders, The Pom Pom Girls und Revenge of the Cheerleaders bekannt ist. Grindhouse-Fans daher für immer mit Kultstatus im Gedächtnis, verlief ihre Karriere ansonsten nicht sehr erfolgreich. Ihre letzte Filmrolle hatte sie 1983, im Oktober 2002 verstarb sie dann im Alter von nur 47 Jahren an, durch jahrelangen Heroinkonsum verursachter Hepatitis.
Aber nicht nur in Pornos und B-Movies, auch im Bereich des Mainstream und geläufigeren Kinos wurde das Bild des glücklichen Cheerleader-Mädchens, das alles für die Mannschaft gibt und hoffnungslos dem Quarterback verfallen ist, nach der stereotypisierten Darstellung in Teenieklamotten und Horrorfilmen, wo sie oft als erstes sterben müssen, nach und nach auf interessante Weise dekonstruiert. Im Film But I’m a Cheerleader aus dem Jahr 1999 geht es um die junge Megan, die an den Footballspielern überhaupt kein Interesse hat, sondern mehr auf ihre Cheerleader-Kameradinnen steht. Sie wird in ein Camp geschickt, wo ihre Homosexualität geheilt werden soll, verliebt sich dort jedoch in ein anderes Mädchen. Am Ende des Films gesteht sie sich ihre Gefühle voll und ganz ein und tritt in Cheerleader-Uniform für ihre Freundin auf, um ihr ihre Liebe zu gestehen und so ihr Herz zu gewinnen. Die Hauptfigur ist hier absolut entgegen dem allgemeinen Bild und sehr progressiv gestaltet. Megan ist ein lesbischer, sich vegetarisch ernährender Cheerleader. Ruft man sich in Erinnerung, dass die Hauptstadt des Cheerleading Dallas im immer noch extrem konservativ geprägten Texas ist, und gleichgeschlechtliche Liebe und fleischlose Ernährung von der Mehrheit wohl eher abgelehnt und kaum in Verbindung mit einem Sport gebracht werden können, der als unerschütterliches Sinnbild einer Nation steht, wirkt diese Darstellung wie ein provokanter Aufschrei gegen die Norm und wie ein mutiger Versuch, für mehr Toleranz zu werben und bestehende Klischees aufzubrechen.