Zuletzt war er als junger Dumbledore in den Phantastischen Tierwesen-Filmen unterwegs. Jetzt springt er in die weit entfernte Galaxis und treibt sich in den düstersten Ecken des Star Wars-Universums herum. In Skeleton Crew spielt Jude Law den geheimnisvollen Machtnutzer Jod Na Nawood, der vier verlorene Kinder auf der Suche nach ihrem Heimatplaneten begleitet. Vertrauen können sie ihm allerdings nicht.
Zwischen Die Goonies und E.T. erzählt Skeleton Crew ein Weltraumabenteuer, in dem Law als die große unbekannte Variable unterwegs ist. Mit jeder Begegnung erhält Jod Na Nawood einen neuen Namen und eine neue Hintergrundgeschichte. Mit anderen Worten: Die Rolle ist Law wie auf den Leib geschrieben. Schon in der Vergangenheit hat er jede Menge zwielichtiger Figuren mit Bravour zum Leben erweckt.
Besonders naheliegend ist der Vergleich zu A.I. – Künstliche Intelligenz. In dem von Steven Spielberg inszenierten Science-Fiction-Film begleitet Law einen einsamen Roboterjungen auf einer ereignisreichen Odyssee. Vieles davon spiegelt sich in Skeleton Crew wider. Dazu kommt ein vergnüglicher Piraten-Einschlag, der Jod Na Nawood Richtung Captain Hook rückt, den Law zuvor in Peter Pan & Wendy entfesselt hat.
Darüber und mehr haben wir mit Jude Law im Interview gesprochen.
Moviepilot: Vor einem Jahr hast du bei Jimmy Kimmel gesagt, dass du noch nie so "starstruck" warst wie in dem Moment, als du am Set von Skeleton Crew einen Jawa gesehen hast. Was fasziniert dich so an denen?
Jude Law: Ich glaube, es ist nichts Spezielles. Es ging mir eher um die Erinnerung, als ich als Kind das erste Mal [Krieg der Sterne] gesehen habe. Die Jawas waren auf mysteriöse Weise gruselig und niedlich zugleich. Sie waren seltsam, wie so viele andere Kreaturen in dem Film auch. Mich hat das damals sehr fasziniert. Als ich sie an meinem ersten Drehtag im Sternenhafen gesehen habe, wurde ich sofort in diese Zeit zurückversetzt und plötzlich wurde mir klar: Okay, das passiert wirklich. Ich bin in ein Teil von diesem Universum.
Deine Star Wars-Reise hat also direkt mit Krieg der Sterne angefangen?
Ja, ich gehöre zu einer der ersten Generationen, die Star Wars gesehen hat. Als kleiner Junge war ich Kino, ich glaube, da war ich so fünf oder sechs Jahre alt.
War das auch etwas, das dich später als Schauspieler begleitet hat? George Lucas dürfte genau zu der Zeit mit dem Casting für die Prequels angefangen haben, als du deine ersten Durchbruchsrollen gespielt hast.
Ich habe das ehrlich gesagt noch nie aus dieser Perspektive betrachtet. Als Schauspieler war ich anfangs einfach nur froh, wenn ich überhaupt einen Job bekommen habe. Ich kam nicht einmal auf die Idee, dass das auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Erst durch meine Freundschaft zu Ewan McGregor wurde Star Wars wieder ein Thema. Als Ewan die Rolle des Obi-Wan in den Prequels bekam, waren wir sehr gespannt, was er vom Dreh der Filme erzählen würde. Aber die Vorstellung, selbst diesen Sprung zu wagen, kam mir nicht in den Sinn. Und dann wurde es auf einmal plausibel.
Hast du dir bei Ewan vor Skeleton Crew Ratschläge geholt?
Nein, das habe ich nicht. Früher haben wir viel darüber gesprochen, aber inzwischen sind wir in verschiedene Richtungen gegangen. Er lebt in den USA, ich in London. Wir haben beide unsere eigenen Familien. Unsere 20er sind vorbei.
In Skeleton Crew spielst du den Piraten Jod Na Nawood. Das klingt fast, als wäre es ein fließender Übergang von Captain Hook gewesen, den du kürzlich in Peter Pan & Wendy gespielt hast.
Es gibt ein paar Gemeinsamkeiten, aber am Ende sind doch recht unterschiedlich. Captain Hook ist ein durch und durch böser Mensch. Er ist ein Mörder und kennt kein Erbarmen. Außerdem ist er sehr organisiert. Jod hat dagegen einen unberechenbaren Charakter und schlägt sich als Einzelgänger durch. Ich glaube, schlussendlich hat er ein gutes Herz, auch wenn er erstmal an sich selbst denkt.
Gab es ansonsten Figuren, bei denen du dir Inspiration geholt hast?
Nicht wirklich. Am ehesten würde ich Han Solo und Lando Calrissian nennen, deren Vibe ich übernommen habe, vor allem die zynische Welteinstellung. Ich versuche aber, mit jeder Rolle, die ich annehme, eine neue, originelle Figur zu gestalten.
Ich stelle mir das ziemlich knifflig vor, gerade im Star Wars-Universum, wo es schon so viele ikonische Figuren gibt, von Luke über Anakin bis Rey.
Zum Glück haben mir [die Serienschöpfer] Jon Watts und Christopher Ford sehr viele Möglichkeiten gegeben, um verschiedene Dinge auszuprobieren. Ich hoffe, ich konnte daraus etwas Originelles schaffen.
Was haben sie dir da genau an die Hand gegeben?
Zum Beispiel, dass Jod für manche Leute eine andere Person ist und diverse Namen trägt. Dass er die Geschichte, wer er ist, was er erlebt hat und was ihn motiviert, immer wieder verändert, je nachdem, wen er gerade trifft. Das wirkt sich auch auf die Stimmung der Serie aus. Mal zeigt er sich von seiner humorvollen, mal von seiner bedrohlichen Seite. Und er spielt geschickt mit der Frage des Heldentums.
Er würde auch perfekt in Akira Kurosawas Rashomon passen, so oft, wie sich seine Geschichte verändert. Eben noch war er Jod Na Nawood, plötzlich nennen ihn alle Crimson Jack und dann heißt er Captain Silvo.
Ja, das ist im Grunde der Kern in der Entwicklung der Figur. Zuerst habe ich versucht, für mich genau herauszufinden, wer er für welche Leute ist und was jede dieser Geschichten bedeutet. So entsteht nach und nach eine vielschichtige Figur.
Bei der Gestaltung einer Star Wars-Figur spielt auch das Design eine wichtige Rolle. Helme, Kostüme, Waffen – hattest du da ein Mitspracherecht?
Ja, tatsächlich sogar ein ziemlich großes. Ich wollte, dass Jod sehr pragmatisch aussieht. Deshalb habe ich mir die Haare abgeschnitten. Er kümmert sich nicht um sein Äußeres. Vielmehr ist er ein hart arbeitender Mensch, der etwas Raues an sich hat. Seine Outfits wechseln, weil er manchmal ein Kleidungsstück verliert und sich ziemlich schamlos einfach ein fremdes schnappt. Der finale Look, wie du ihn jetzt in der Serie siehst, ist aber das Ergebnis eines langen Prozesses, an dem viele andere mitgewirkt haben.
Ich bin trotzdem überrascht, dass du so viel entscheiden konntest.
Man kann immer seine Wünsche und Vorschläge einbringen, aber es gibt natürlich auch einige sehr klare und spezifische Regeln, die nicht gebrochen werden dürfen.
Was darf man auf keinen Fall tun?
Ich erinnere mich daran, dass ich einen bestimmten Mantel anprobiert habe, den ich mochte, und Lucasfilm meinte nur: "Hm, wir sind uns nicht sicher, ob das wirklich nach Star Wars aussieht." Daraufhin mussten wir etwas anderes suchen.
Du hast vorhin etwas gesagt, das ich gerne nochmal aufgreifen möchte. In deiner Figur steckt etwas Zynisches. Sie taucht aber in einem Abenteuer auf, das wir aus Kinderaugen erleben. Wie passt Jods abgeklärte Einstellung zu der Neugier und Unschuld, die in der Serie schlummert?
Ich würde sagen, dass genau diese Reibung die Serie interessant macht. Ich spiele eine Figur, die Kinder behandelt, als wären sie Erwachsene. Jod hat keine Ahnung von ihren Bedürfnissen, ihrer Unreife und ihrer Unschuld. Aus dieser Dynamik ergibt sich sehr viel Spannung, aber auch eine Menge Humor.
Wie bist du da am Set auf die Kinderdarsteller:innen zugegangen?
Ich war zutiefst beeindruckt davon, wie gut sie vorbereitet waren. Sie wussten genau, was sie zu tun hatten. Sehr professionell. Und trotzdem war zu jeder Sekunde klar, dass sie Kinder sind. Sie hatten so viel Spaß bei den Dreharbeiten und alberten herum. Diese Energie war richtig ansteckend und hat alles gleich eine Spur verspielter gemacht.
Als Schauspieler bringst du viele Jahre an Erfahrung mit. Gibt es trotzdem etwas, das du von deinen jungen Co-Stars lernen konntest?
Dass sie diese Verspieltheit so umarmt haben. Das war eine schöne Erinnerung daran, dass diese Welten, die wir schaffen, aus unserer Vorstellungskraft entstehen und diese gleichzeitig beflügelt. Und dass man in dieser Welt einfach spielen kann, selbst wenn man eine dramatische Szene dreht. Das ist prinzipiell eine gute Grundeinstellung.
Wo du gerade diese Welt ansprichst: Als jemand, der Star Wars von Anfang an erlebt hat – welcher ist dein Lieblingsfilm?
Oh, das ist schwer. Ich kann mich nie zwischen Krieg der Sterne und Das Imperium schlägt zurück entscheiden. Krieg der Sterne hat mich damals sehr beeinflusst und das Kino für immer verändert. Das Imperium schlägt zurück ist aber der bessere Film.
Was sagt Ewan dazu, dass du die Prequels komplett ausklammerst?
[Lacht] Das musst du ihn fragen.
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Skeleton Crew läuft seit dem 3. Dezember 2024 bei Disney+. Die 1. Staffel umfasst acht Episoden. Zum Auftakt wurden direkt die ersten beiden Kapitel veröffentlicht.