South Park - Verdorben und genial

22.02.2011 - 08:50 Uhr
South Park - Der Film
Warner Bros. Pictures
South Park - Der Film
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Einst vor allem mit einem Kopfschütteln beäugt, prägt South Park seit mittlerweile vierzehn Jahren die Popkultur weltweit. Nichts ist so böse wie diese Serie. South Park prägte meine Jugend. Dies ist der Artikel eines großen Fans.

Ich erinnere mich noch gut daran: Einst wurde in den Nachrichten eine kontroverse, durchgeknallte Serie aus den USA vorgestellt. Als 10-Jähriger wurde ich hellhöhrig. Brutal? Ausdrücke? Und trotzdem diese Optik? Das musste ich mir anschauen. Wenn es sich einrichten ließ und ich das Ins-Bett-Gehen hinauszögern konnte, schaltete ich Samstag Nacht RTL ein und schaute mir South Park an. Meine Mutter vermochte nur den Kopf zu schütteln und verstand mich nicht, wenn ich – mich krümmend vor lachen – im Wohnzimmer saß und diesen schlecht animierten Klumpen zusah. Na klar, das Alter, in dem ein jeder alles Rebellische, irgendwie Unartige gut findet, tat das Seinige. Doch die Serie ging weiter, ich wurde älter, und auch, wenn sich die Gründe etwas veränderten: South Park bleibt bis heute eine meiner wenigen großen Lieblingsserien.

Die Synopsis ist geschaffen für unzählige Folgen. Die vier acht- bzw. neun jährigen Schüler Cartman, Stan, Kyle und Kenny leben ihm beschaulichen, kleinen Bergstädtchen South Park in Colorado. Dabei begleitet der Zuschauer sie und sämtliche Nebenfiguren der Serie in ihrem durchgeknallten Alltag, in dem sie immer wieder mit heikelsten Themen konfrontiert werden.

Mangelndes Zeichentalent
1997 begann die Ausstrahlung von South Park im US-Fernehen auf Comedy Central. Die mittlerweile 209 Folgen starke Serie basiert auf dem von den beiden Erfindern Matt Stone und Trey Parker erstellten Animationsfilmchen The Spirit of Christmas im Auftrag eines Fernsehproduzenten. Das Filmchen ging in Hollywood rum und prompt wurde den beiden Animatoren angeboten, eine Serie zu produzieren – South Park war geboren.

Von Kritikern teilweise geschlachtet, ließ sich der Siegeszug der etwas anderen Zeichentrickserie nicht aufhalten. Zu Recht, denn South Park war unvergleichbar und der Vorreiter für nachfolgende Formate derben, radikalen Humors. Doch vor allem aufgrund der Ästhetik bleibt South Park bis heute ein Unikat. Die minimalistische, zweidimensionale Stop-Motion Legetechnik, allerdings mit moderner Technologie erstellt, ist der vielleicht größte Trumpf der Serie. Im Kontrast zum radikalen, kontroversen und oft auch brutalen Inhalt erinnert sie an unschuldige Kindergeschichten, was die Serie in den Olymp der Skurrilität erhebt. Dabei ist der Grund für das visuelle Konzept von South Park fast schon enttäuschend: Der Stil stammt aus der Studentenzeit der Erfinder Trey Parker und Matt Stone, die für ihre Studienprojekte schlicht und ergreifend nicht besser zeichnen konnten und sich daher für diese Technik entschieden.

Böse, böser, South Park
South Park macht nun wirklich vor absolut Nichts und Niemandem halt. Alle Themen, die in der Vergangenheit oder Gegenwart Diskussionen ausgelöst haben, werden gnadenlos auf die Schippe genommen. Ob es um Politik, Religion oder Popkultur geht: Hinter der quietschbunten Optik teilen die Macher von South Park aus wie niemand sonst. Kein Wunder, dass Trey Parker und Matt Stone mit Widerstand konfrontiert wurden. Nachdem in einer Folge der Serie der Prophet Mohammed seinen Auftritt in einem Bärenkostüm bekam, erhielten die beiden Morddrohungen radikal-islamistischer Anhänger. Andere Folgen wurden verboten. Tom Cruise beispielsweise setzte sich gerichtlich gegen eine Folge durch, in der er und Scientology gnadenlos karikiert werden. South Park ist von Anfang an respektlos und anarchisch. Das Konzept ging voll und ganz auf. Nur zwei Jahre nach Produktionsbeginn erschien 1999 mit South Park – Der Film der ab 16 Jahren freigegebene Kinofilm.

Mehr als nur fies
Hinter all der Grobschlächtigkeit und Absurdität der Serie bietet South Park auch einen vorbildlichen, gesellschaftskritischen Subtext, den wir am Besten anhand von Cartman, Stan, Kyle und Kenny erkennen können. Eric Theodore Cartman, der dicke kleine Junge, der von sich selbst sagt, nur schwere Knochen zu haben und noch in seinen Körper hineinwachsen zu müssen, ist sicherlich der fieseste und zugleich kultigste der Charaktere. Trotz seiner narzistischen und rassistischen Weltansicht, zeigt South Park den Jungen auch als das, was er tatsächlich ist: ein einsamer Außenseiter, dem eine Vaterfigur fehlt. Kapuzenträger Kenneth “Kenny” McCormick bleibt vor allem durch seinen immer wiederkehrenden Tod und seine nuschelnde Sprache in Erinnerung. Gesellschaftlich steht er unter den anderen Jungs, seine Eltern gehören der amerikanischen, weißen Arbeiterklasse, den Rednecks, an. Weniger gebildet als die anderen, ist er sexuell am aufgeklärtesten, beweist immer wieder Mut und macht den ersten Schritt – leider meist in Richtung Tod.

Die Macher haben sich auch selbst mit ihren Alter-Egos integriert. Matt Stone findet sich als Jude Kyle Broflovski in Colorado wieder, Trey Parker wird durch Stanley “Stan” Marsh vertreten. Dabei stellen die beiden Figuren noch die normalsten Wesen in ihrer verrückten Welt dar. Doch auch in den beiden steckt mehr als zunächst vermutet. Der wohlhabende Kyle muss sich aufgrund seiner jüdischen Herkunft immer wieder Seitenhiebe gefallen lassen, was Aggressionen in ihm entstehen lässt. Stan hingegen ist ein überemotionaler Charakter, der beim Anblick seiner jungen Liebe Wendy nicht anders kann … als ihr ins Gesicht zu kotzen.

Entweder wir lieben oder hassen South Park. Eine derbere, schwarzhumorigere Serie sucht der Zuschauer immer noch weit und breit – und ich eine, bei der ich häufiger schmunzeln, die Augen verdrehen und lachen musste. Zwar versuchten sich später auch Sendungen wie Happy Tree Friends oder Drawn Together erfolgreich am Konzept der tabulosen Zeichentricks, doch an den Vorreiter South Park kommt nichts heran.

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