So finster, wie der Jungfernflug von Star Trek: Discovery mit dem Klingonenkrieg, Captain Lorca, zahllosen Toden, Animositäten zwischen den Crewmitgliedern und nicht zuletzt dem Abstecher ins Spiegeluniversum war, so gut gelaunt und abenteuerlustig macht sich Staffel 2 auf die Reise. Hierfür sorgt vor allem Anson Mount als Captain Pike, der als Anti-Lorca die personifizierte Umarmung darstellt. Gleichzeitig kompetent und mitfühlend, dabei stets mit einem Zwinkern im Augenwinkel, beamt er sich zu Beginn auf der 1. Folge der 2. Staffel, Brother, auf die Discovery und entschuldigt sich erst einmal dafür, dass er nun das Kommando über das Schiff übernimmt.
Captain Pike hilft der Discovery, das Lorca-Trauma zu überwinden
Da die Enterprise zeitgleich mit der Entdeckung von sieben roten Anomalien kaputtgegangen ist und ins Weltraum-Dock muss, befehligt Pike nun die Discovery, um dem Mysterium auf den Grund zu gehen. Von den desillusionierten Selbstzweifeln, die ihn in der ersten Star Trek-Pilotfolge Der Käfig plagten, ist nichts mehr zu spüren. (Mehr zur Geschichte von Captain Pike im Star Trek-Universum erfahrt ihr hier: Wer ist Captain Christopher Pike?) Als Captain wie aus dem Bilderbuch erkundigt er sich gar nach den Namen der Brückenbesetzung, ohne ihren Rang wissen zu wollen. Die Vorstellungsrunde von Owosekun, Detmer und Co. lässt hoffen, dass sie in den Geschichten von Staffel 2 deutlich präsenter sein werden als zuvor.
Überhaupt platzt die Discovery-Crew schier vor Teamgeist, nachdem sie nicht mehr unter Lorca leiden müssen. Stamets (Anthony Rapp) Ankündigung, die Discovery nach der aktuellen Mission gen Vulkan zu verlassen, da ihn auf dem Schiff alles an Culber (Wilson Cruz) erinnere, betrübt Tilly (Mary Wiseman) zutiefst, die ansonsten nicht an Tilly-ismen spart. Saru (Doug Jones) kann endlich seine Korrektheit ausleben, ohne befürchten zu müssen, vom Captain angeschnauzt zu werden. Burnham (Sonequa Martin-Green) rennt bei Pike mit ihrer Mahnung, dass die Crew niemals einen "Sternenflotten-Bruder oder -Schwester" in einer Notsituation zurücklassen würde, offene Türen ein. Es folgt eine äußerst actionreiche Rettung in Power Rangers-farbenen Spezialanzügen, nachdem an der Position einer der Anomalien ein vermisstes Schiff entdeckt wird.
Der Kurs der Discovery: Action, Witze und Bedeutung
Die vom Discovery-Mitschöpfer und neuen Showrunner Alex Kurtzman inszenierte Folge löst nicht nur einmal sein Versprechen (oder seine Drohung?) ein, der Serie noch mehr Kino-Gefühl zu verleihen als zuvor. Das Innere der Discovery wirkt wahrhaft riesig, es wirbeln die Turbolifte aus der Außenperspektive ebenso durch die Eingeweide des Schiffs wie wendige Landing Pods durch ein Asteroidenfeld. Später flieht Burnham in Winzgröße durch ein gigantisches zusammenbrechendes Schiffs-Wrack. Zwar gibt es daneben auch zahlreiche intimere Charakter-Momente, der Wechsel zwischen den beiden Ebenen ist aber schon recht deutlich.
Die Verbindung des ganz Großen und ganz Kleinen zeigt sich auch darin, dass die Ereignisse im Galaxien-Maßstab mit persönlichen Herausforderungen der Hautfiguren verbunden sind: Kurz vor ihrer Rettung durch Pike aus dem Schiffswrack sieht Burnham ein engelhaftes Wesen, das mit den Anomalien zusammenzuhängen scheint. Ihr Stiefbruder Spock hat sich gar aufgemacht, um ihnen allein auf die Spur zu kommen, denn für ihn sind sie mit Albträumen und Visionen verbunden, die er schon als Kind hatte.
Aber wo ist Mr. Spock?
Spock, als Hauptattraktion der 2. Discovery-Staffel gedacht, ist in der 1. Folgen aber noch gar nicht richtig dabei. Als kleiner Junge in Rückblenden würde er mit seiner stummen Missbilligung seiner neuen Stiefschwester auch gut in einen Psychothriller passen. In einer Audio-Aufnahme, die sich Burnham auf der Enterprise anhört, beweist Neu-Spock Ethan Peck dann zumindest schon einmal, dass er eine gewisse Leonard Nimoy-Knarzigkeit in der Stimme hat, auch wenn er nicht zu sehen ist.
Weiterhin präsent ist hingegen ein wesentliches Element aus Staffel 1 von Star Trek: Discovery, der überraschende Tod. Da es mit Lieutenant Connolly den einzigen Stinkstiefel der Neuankömmlinge von der Enterprise erwischt, hat das Ableben allerdings auch recht wenig dramatisches Gewicht und wirkt eher wie ein geschmackloser Gag. Eine andere Figur, die die Dinge eher nüchtern betrachtet, darf hingegen überleben und ist wohl der lohnendste Neuzugang: Ingenieurin Jett Reno wird von Tig Notaro gleichermaßen pragmatisch wie scharfzüngig verkörpert und ist hoffentlich noch bei weiteren Missionen als Stimme der Nüchternheit mit von der Partie.
Im Gegensatz zur 1. Season scheinen wir diesmal einen Captain und eine Mannschaft zu erleben, die tatsächlich so handeln, wie es den Prinzipien der Sternenflotte entspricht, anstatt sie meist im Negativen anzuwenden. Konfliktpotential ist trotzdem genug gegeben, wenn nicht nur Mr. Spock aufgespürt ist, sondern auch L'Rell, Ash Tyler und vor allem Ex-Imperatorin Georgiou vorbeischauen, bevor letzere dann in ihrer eigenen Serie ihr Unwesen treibt. Wie Captain Pike mit Burnham und Co. nach dem ersten Kennenlernen zusammenpasst und ob auch er ein paar Überraschungen im Gepäck hat, erfahren wir vielleicht schon am 28.01.2019, wenn Folge 2 der 2. Discovery-Staffel zu sehen ist. Bis dahin könnt ihr bei uns alles Wissenswerte zu Staffel 2 nachlesen.
Weiteres Weltraum-Wissen:
- Mit den Klingonen wurde ein Friedensvertrag in Paris geschlossen.
- L'Rell ist nun Kanzlerin der Klingonen.
- Die Enterprise war während des Klingonen-Krieges zu weit weg, um teilnehmen zu können.
- Die Uniformen der Enterprise-Crew sehen anders aus als die der Discovery-Besatzung, weil sie neu sind.
- Der Glückskeks-Spruch, den Pike als Hinterlassenschaft von Lorca entdeckt ("Nicht jeder Käfig ist ein Gefängnis, nicht jeder Verlust ist endgültig"), dürfte auf Pikes späteres Schicksal anspielen: Nach einem Unfall zum Invaliden geworden, bringt ihn Spock nach Talos IV, Schauplatz des ersten Star Trek-Pilotfilms Der Käfig. Dort kann er dank der Illusions-Fähigkeiten der Bewohner wieder ein gewöhnliches Leben führen.
Was haltet ihr von der 1. Folge der 2. Staffel von Star Trek: Discovery?