Ganz alleine saß ich da und schaute mir den Film an. Erwartet habe ich nicht viel, die Kritiken waren eher mau. Doch egal wie schlecht der Film sein sollte, abschalten kam für mich nicht infrage. Ich habe nicht mal sorgfältig gelesen um was es genau geht, um einen Journalisten, dass merkte man zu Beginn recht schnell. Stephen Glass gibt es wirklich, heute ist er Buchautor, damals war er Journalist der "New Republic". Insgesamt 41 Artikel hat er entweder ganz oder zu einem Teil erlogen. Der Protagonist ist suspekt, soll man ihn hassen oder mögen? Hat man Mitleid oder empfindet man eher Schadenfreude? Nun ich kann mich bis heute nicht entscheiden. Er hat die Menschen belogen, seine Kollegen, die Leser.
Das kostete ihn den Job. Was geht in seinem Kopf vor sich? Stephen Glass ist der erste Charakter mit dem ich mich zu 100% identifizieren kann, ich habe gründlich überlegt diesen Artikel zu schreiben, denn er erfordert ein hartes Geständnis meinerseits. Doch hier ist er, um den Menschen einen Einblick in den Kopf dieses Menschen zu geben. Vielleicht auch um zu zeigen, dass Glass nicht einfach nur ein Lügner ist, sondern auch dass er krank ist. Stephen Glass ist wie ich er leidet an Pseudologie, eine psychische Störung bei der der Betroffene sich Geschichten ausdenkt und diese dann sehr glaubhaft erzählt. Du weißt dass Du lügst, doch Du wirst wütend wenn man dir nicht glaubt. Ein Stück weit wünscht man sich, dass sich die Szenarien so zugetragen haben, doch all das entsteht nur in der Fantasie.
Was mich angeht, so habe ich es einigermaßen im Griff was Stephen Glass betrifft, sein Job als Journalist bot ihm eine Plattform um seine Geschichten publik zu machen. Heute weiß man dass mindestens 41 Artikel des Journalisten reine Fantasie waren. Er erzählte regelmäßig im Konferenzraum der New Republic Geschichten, alles Lügen, die die Kollegen zum Lachen oder Staunen brachten. Glass aber sagte immer: "Ich werde daraus nichts machen, so spannend ist das nicht." Eines Tages aber erfindet er eine Geschichte über einen Hacker. Das Interesse der Kollegen ist so groß, dass er daraus den Artikel "Hack Heaven" macht. Die Quellen sind Lückenhaft und die Personen die er in seinem Artikel erwähnte, existierten nicht. Sogar das Gebäude indem sich die Gruppe traf entsprang seiner Fantasie. Es dauerte nicht lange bis ein anderer Journalist der Lüge auf die Schliche kam, doch Glass beharrte auf die Echtheit der Story - obwohl er wusste dass er log.
Ein normaler Mensch hätte von Beginn an zugegeben dass er gelogen hat, aber Glass ist krank er kann nicht einfach aufhören, er ist in die Geschichte eingetaucht und erlebt sie immer wieder. Er sieht die Menschen, das Gebäude, einfach alles. Das ist der Unterschied zwischen einem normalen Lügner und einem Menschen der an Pseudologie leidet. Glass ließ das ganze ausreizen, auch wenn das bedeutete dass er seinen Job verliert. Er hatte hundert Chancen die Sache zu bereinigen, aber er behauptet lieber man habe ihn reingelegt, als dass er die Lüge zugibt. Denn tief in seinem Herzen will er dass die Geschichte real ist und das ist sie, solange er den Schein bewahrt. Jeder wusste dass er lügt, doch sie wollten es von ihm selbst hören. Keiner schien zu merken dass er Hilfe benötigte, vor lauter Wut ignorierte man das eigentliche Problem. Denn man kann ihn selbstverständlich Feuern, aber seine Störung verschwindet dadurch nicht. Stephen Glass wird es nicht leichter haben in seinem Leben, denn man wird jedes Wort aus seinem Mund in Frage stellen. Ob er wohl weiß, dass er krank ist? Ich weiß es nicht, es gibt Abweichungen, ich zum Beispiel habe vor einigen Wochen bemerkt dass das was ich getan habe einfach falsch war und dass ich sowas nie wieder tun möchte. Und dass ist bei weitem nicht einfach, es ist verdammt schwer mit etwas aufzuhören von dem man besessen und zu einem gewissen Grad sogar überzeugt war.
Positiv bei Glass ist, dass er heute Bücher schreibt dort kann er schreiben was er will, niemand wird nach Fakten oder Quellen fragen. Egal was für eine Geschichte ihm durch den Kopf geht, er kann sie uneingeschränkt zu Papier bringen ohne jemandem auf die Füße zu treten. Mir ist nur wichtig dass man versteht was in seinem Kopf vor sich ging und heute noch vor sich geht, dass er damit niemanden verletzen wollte und einfach nicht anders konnte. Eigentlich schrieb er genau das was die Leute lesen wollten, denn seine Geschichten fesselten die Leser. Doch sie hatten in einem Magazin welches auf Fakten angewiesen ist, nichts zu suchen. Traurig dass er durch seine Lügen zu "Ruhm" kam und nicht als Buchautor.