Tatort: Weihnachtsgeld - Frohes Fest im Puff

26.12.2014 - 20:10 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort: Weihnachtsgeld
SR
Tatort: Weihnachtsgeld
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Der neue Tatort aus Saarbrücken verschont uns mit der überreizten Stimmung, die die drei Vorgänger stellenweise unerträglich machte. Stattdessen erwartet uns ein laues Krimilüftchen am Feiertagsabend.

Wenn Drehbuchautoren zu K.o.-Tropfen greifen, um ihren Kommissar für eine Weile loszuwerden, schreit das regelrecht nach einer Intervention. In Tatort: Weihnachtsgeld werden wir Zeuge dieser unsanften Entsorgung, als Jens Stellbrink (Devid Striesow) erst der Ausweis geraubt, dann der O-Saft chemisch angereichert wird. So schlummert der Mofa-Cop im Bordell und eine Weile keimt die Hoffnung auf, er würde für den Rest des Krimis nicht mehr geweckt. Nun, da Stellbrinks ursprüngliche Ticks und Exzentrizitäten im vierten Tatort weitgehend abgeschliffen wurden, bleibt eine Hülse der Nettigkeit übrig, zahnlos, witzlos, ein K.o.-Tröpfchen auf zwei Beinen.

Dabei ist Biss in diesem Tatort sowieso nicht gefragt, obwohl der TV-Krimi mit einem schweren Unfall beginnt. Eine Frau wird überfahren, der Täter, ein stadtbekannter Bordellbesitzer namens King George (Gregor Bloéb), rast davon. Ein Taxifahrer wird Zeuge und versucht, den Zuhälter per Halloween-Stimmverzerrung zu erpressen. Dann liegt er ermordet in seiner WG. Mitbewohner Jupp (Florian Bartholomäi) will mit dem Weihnachtsgeld seiner Firma abhauen und sammelt unterwegs die hochschwangere Sizilianerin Maria (Fanny Krausz) auf, doch weit kommen sie nicht. In einer Scheune warten sie auf die Niederkunft, während die halbe Stadt nach ihnen sucht.

Bordellbarmänner, die Nietzsche lesen, Prostituierte mit einem großen Herz und die Soko Nikolaus auf der Jagd nach peniblen Taschendieben: So richtig böse ist niemand in diesem Tatort, der einen seiner wenigen Spannungsmomente darauf verwendet, eine Saarbrückener Touristenattraktion vorzustellen, egal wie lahm und unspektakulär sie ist. Dass der Tatort zum frohen Fest keine todernste Thrillerkost abliefern muss, dürfte aber kaum als Ausrede für das pointenfreie Treiben rund um Stellbrink und Satelliten-Ermittlerin Marx (Elisabeth Brück) durchgehen. Da holte der erste Tatort aus Weimar vergangenes Jahr schon deutlich mehr aus seiner harmlosen Wurst-Story heraus, was auch der nicht allein durch Gegensätze funktionierenden Dynamik zwischen Nora Tschirner und Christian Ulmen zu verdanken war. In Saarbrücken aber scheint sich jeder darum zu bemühen, das Ermittler-Pärchen voneinander fernzuhalten. So wird Stellbrink in Tatort: Weihnachtsgeld häufiger mit dem nicht weniger netten Kollegen Jordan (Hartmut Volle) kombiniert, während sich Marx mit verwunderten reaction shots durch das Krippenspiel kämpft.

Denn in Letzterem findet das Tatort-Drehbuch den Quell seiner biederen Stimmung, bei der allenfalls über ein "Fick dich" auf der Bordell-Rechnung gegickelt werden darf. Und Stellbrink wundert sich, dass der Sohnemann lieber woanders Weihnachten feiert?

Mord des Sonntags: "Googelt reflektorischer Herztod"

Zitat des Sonntags: "Jupp und Teddy, das waren ziemlich beste Freunde."

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