„[...] probably the finest piece of comic art ever [...]“, schreibt Bestseller Autor Stephen King über Frank Millers „The Dark Knight Returns“. Doch was macht „The Dark Knight Returns“ zum finest piece of comic art? Dieser Frage gehen wir heute nach.
Doch bevor es losgeht, eine Warnung: Diese Review bezieht sich auf die 2003 veröffentlichte, US-Amerikanische Version von „The Dark Knight Returns (im Laufe der Review als „DK1“ abgekürzt) und spoilert den großteil des Inhalts.
DK1 beginnt mit einem fiktiven Zeitungsartikel der den Namen „Truth to power“ trägt. In diesem Artikel geht es um eine Bar, in der alte Menschen zusammensitzen und über die längst vergangene Zeit der Superhelden reden. Sie schwelgen in Erinnerungen an die guten, alten Zeiten, als sie auf Batman angesprochen werden. Schlagartig ändert sich die Stimmung und alle schweigen betroffen. Miller nutzt diesen kurzen Prolog geschickt aus und deutet hier bereits an, dass Batman weder in die moderne noch in die alte Gesellschaft passt. Danach setzt die eigentliche Geschichte ein.
Im ersten Buch, „The Dark Knight Returns“ geht es um den alternden Bruce Wayne, der seit 10 Jahren nicht mehr als Batman aktiv war. Geplagt von den Geistern der Vergangenheit beschließt Wayne, erneut in den Batman Suit zu steigen. Ungefähr zeitgleich wird bekannt gegeben, dass Harvey Dent geheilt und in die Öffentlichkeit entlassen wurde. Nur kurz darauf kehrt er allerdings als Two-Face zurück und Batman muss ihn stoppen. Frank Miller erschafft in diesem ersten Buch die kranke, kaputte Welt in der Wayne sich zurechtfinden muss. In einer Szene steigen ein Mann und eine Frau in ein Taxi ein. Der Mann zückt ein Messer und beginnt, die Frau damit zu bearbeiten. Der Fahrer protestiert kurz, als ihm allerdings genug Geld angeboten wird schweigt er. Miller beklagt sich über diese Korruption. Das Verbrechen wird tot geschwiegen; jeder ist ängstlich oder bestechlich genug um ruhig zu sein. Es benötigt er einen Batman um in dieser Welt aufzuräumen. Mit Batman kehrt etwas zurück, dass diese Welt verloren hat: Mut, Aufrichtigkeit und Zivilcourage. Comissioner Gordon verlangt an einer Stelle, dass das Batsignal wieder aktiviert wird.
Als sein Untergebener Merkel nach dem Grund fragt, antwortet Gordon: „To let them know...“. Die Menschen sollen sehen, dass sie sich nicht mehr kleinhalten und für ihre Rechte aufstehen sollen. Neben Batmans Rückkehr ist natürlich auch die Rückkehr des Two-Face ein wichtiger Teil dieses ersten Buches. Als Harvey Dent aus Arkham entlassen wird gibt es einen Medienrummel sondersgleichen und der großteil der Bürger betrachtet ihn mit misstrauen, fürchtet ihn, ächtet ihn. Dies sorgt dafür, dass er den Verstand verliert und erneut zu Two-Face wird. Batman erkennt dies, als er sagt „The scars go deep, too deep.“. Er erkennt die falsche Gesellschaft, die jeden anderen ablehnt, die andersartige veruteilt. Doch Batman kann diese soziale Ungerechtigkeit nicht bekämpfen, sogar er steht ihr machtlos gegenüber. Es ist ein Abbild der Zeit, in der Miller lebte. In der Zeit, als Rassismus herrschte. Erschreckend ist, wie wenig die Zustände sich geändert haben. Immer noch werden andersartige von der Gesellschaft ausgegrenzt. An einer Stelle im ersten Buch sagte Miller dies vorraus. Wayne steht an dem Ort, an dem seine Eltern vor über vierzig Jahren starben. Das einzige, was sich änderte, ist das die Straßen dreckiger und die Verbrechen schlimmer sind.
Im zweiten Buch, „The Dark Knight Triumphant“ geht es um Batmans Kampf gegen den Mutantenführer. Die Mutanten sind eine Gang, die Gotham terrorisieren. Batman stellt sich ihrem Anführer und scheitert, wird aber rechtzeitig von Carry Kelly gerettet. Er nimmt Carry als Robin an und gemeinsam besiegen sie den Mutantenführer. Das zweite Buch beginnt mit einem starken Charaktermoment. Gordon läuft an einer Gasse vorbei, an einer Gasse, in der über 70 Menschen ermordet wurden. Gordon, der im vorherigen Buch einer der wenigen Souveränen in einer kaputten Welt war, kommen die Tränen, er wird schwach. In diesem Moment taucht ein jugenlicher Mutant auf, nicht einmal volljährig und bedroht Gordon. Gordon kann nicht anders als ihn zu erschießen. Miller zeigt erneut die Verrohung der Gesellschaft und blickt gleichzeitig in alte Zeiten zurück. Während der Krieg früher von Männern ausgetragen wurde müssen ihn heute die Kinder kämpfen drückt er durch diese Passage aus. Später findet Batman heraus, woher die Mutanten die Mittel bekamen, um sich ihre Waffen zuzulegen. Sie wurden von einem General der US Armee gesponsort. Miller spielt hier eindeutig auf den Einsatz der USA in Afghanistan an. Die USA finanzierten Al Quaida und schufen sich somit einen ihrer größten Feinde. Miller erkannte dies und versuchte, in seinem Werk darauf aufmerksam zu machen. Dann zeigt Miller die Ohnmacht der Regierung gegenüber Terrorismus. Es gelingt ihr nicht, die Mutanten zu bekämpfen, deshalb versuchen sie, diese tot zu schweigen.
Batman bricht das Schweigen und sagt den Mutanten den Kampf an. Und als er das tut, passiert etwas seltsames. Man mag meinen, dass er unterstützt wird. Stattdessen wird er aber zum neuen Feind erklärt, man versucht von seinen eigenen Fehlern abzulenken in dem man dem Volk einfach ein neues Feindbild liefert. Deshalb nimmt Batman allein den Kampf gegen die Mutanten auf. Diesen Kampf trägt er allerdings nicht in Gotham ab, sondern an einem abgeschiedenen Ort. In Gotham gilt Batman als der Feind, ist aber gleichzeitig der Retter in Nöten. Er ist ambivalent, die Welt ist Grau. Am Ort des Kampfes hingegen existiert diese Ambivalenz nicht. Hier ist die Welt ganz strikt in Gut und Böse unterteilt. Interessant an diesem Kapitel ist die Figur der Carry Kelly. Sie beschließt, sich Batman anzuschließen und zu Robin zu werden. Doch warum tut sie das? Weil sie fasziniert von Batman ist. Vielleicht fasziniert sie seine Grausamkeit, seine Unerbittlichkeit. Aber im Kern ist sie von dem fasziniert, wofür Batman er steht. Er steht für die lincolschen Werte Freiheit, Gleichheit und Zivilcourage, auf die die Amerikaner einst so stolz waren und die sie dann verloren. Natürlich lebt Batman diese Werte in einer pervertierten Form aus und nutzt sie als Begründung um seine krankhafte Sucht nach Gewalt voll ausleben zu können, allerdings inspiriert er auch reine Menschen wie Kelly oder auch Gordon sich nach diesen Werten zu richten. Beide, sowohl Kelly als auch Gordon, leben diese Werte in ihrer reinsten Form aus. In einer kurzen Szene kann der Leser ein Gespräch zwischen US Präsident Ronald Regean und Superman mitverfolgen. Miller zeigt hier eine andere Form der kaputten Gesellschaft. Superman ist der dumme, meinungslose Regierungshund, der jede Anweisung ohne zweifeln und in Frage stellen ausführt.
Im dritten Buch, „Hunt the Dark Knight“, geht es um den Ausbruch des Jokers. Batman verfolgt Joker, wird aber gleichzeitig von der Polizei verfolgt. Am Ende wird er schwer von Joker verletzt und Joker begeht Selbstmord. Der Joker ist seit jeher einer der verstörendsten Gegner Batmans. Doch in diesem Comic erreichen seine Verbrechen eine neue Stufe des Schreckens. Doch woran liegt das? Jokers Verbrechen sind nicht die grausamsten, die man den Clownprinzen des Verbrechens begehen lies. Nein, es liegt an der Sinnlosigkeit. In Millers Werk hat jeder Charakter seinen Sinn, jede Handlung lässt sich rechtfertigen. Nur beim Joker ist dies nicht so. Es fehlt jeder Sinn, keine Handlung lässt sich rechtfertigen. Miller zeigt durch den Joker die Sinnlosigkeit des Verbrechens. Er sagt durch diese Figur aus, dass es kein Verbrechen gibt, dass sich rechtfertigen lässt. Ebenfalls interessant in diesem Kapitel ist eine Szene Supermans. In Millers Welt hat die Regierung die Aktivität der Superhelden unterbunden. Alle gaben ihrer Arbeit auf, mit Ausnahme Supermans, der in den Dienst der Regierung trat. In einer Szene also kämpft Superman auf Befehl der Regierung gegen Sowjetische Truppen. Während er dies tut hat er einen Monolog. Vor diesem Einsatz sollte er Wayne überzeugen, erneut in den Ruhestand zu treten. Nun überlegt er sich also während des Gefechts die Worte für einen nächsten Dialog mit Batman. Und während er mit puren Händen einen Panzer zerreißt denkt er „We don't need to remind them that giants are walking on the earth“. Der Gegensatz könnte kaum krasser sein. Und auch hier zeigt sich wieder, wie sehr Superman zum Regimediener verkommen ist. Es sind Regeans Worte die er denkt, nicht seine eigenen. Es sind Regeans Taten, die er vollführt, nicht die seinen.
Das Finale findet Millers Werk im viertem Buch, „The Dark Knight Falls“. In diesem Buch führen die Sowjets einen Atomschlag gegen die USA aus. Superman kann die Katastrophe im letzten Moment verhindern, in Amerika fällt allerdings der Strom aus. In allen Städten herrscht Chaos, außer in Gotham, wo Batman für Ordnung sorgt. Am Ende muss er den Kampf gegen Superman bestehen. Er besiegt Superman und täuscht danach seinen Tod vor. Dieses letzte Kapitel ist ohne Zweifel das wichtigste und auch Aussagekräftigste Kapitel von Millers Meisterwerk. Zunächst verarbeitet Miller die Ansgt vor einem Atomkrieg. Er zeigt hier, wie knapp der Krieg und mit ihm das Ende der Welt abgewendet wurden. Dann ist dieses letzte Kapitel ein Appell an die Menschlichkeit. „The one hope we have is that the decision to murder billions has to be made by a human being“, schreibt ein Pilot. Wenig später fordert Miller die Menschen dann zu Vergebung und Zusammenhalt. Batman nimmt die ehemaligen Mutanten auf, entradikalisiert sie, gliedert sie wieder in die Gesellschaft ein und sorgt mit ihnen für Ordnung in Gotham.
Batman fordert die anderen Bürger auf ihn zu unterstützen. Gemeinsam überleben Gothams Bürger den Stromausfall. Der Stromausfall. Er ist das eigentliche Ende der Welt. Als der Strom ausfällt, bricht alles auseinander. Fortbewegung, Kommunikation, Versorgung, Stabilität. Erst die Rückbesinnung auf die Werte, die Batman verkörpert, die Rückbesinnung auf alte Zeiten, machen es den Menschen möglich zu überleben. Batman führt hier die hilflose Regierung vor. Er zeigt, wie ein Mann eine Stadt im Griff haben kann. Die Regierung muss ihre Gesicht bewahren und beschließt deshalb, Batman auszuschalten. Sie schicken Superman und die beiden ehemaligen Helden kämpfen. Die letzten Worte, die Batman zu Superman verliert, sind folgende: „I've become a political liability an you, you're a joke […] I want you, to remember the one man who beat you!“. Batman erkennt hier, dass er ausgenutzt wurde. Das die Regierung ihn benutzte um ihre eigenen Verfehlungen zu vertuschen. Und er macht sich gleichzeitig über Superman lustig. Darüber, dass er komplett ohne Meinung und eigenen Willen die Anweisungen einer unfähigen Regierung befolgt. Nach seinem vorgetäuschten Tod wird Wayne zu Grabe getragen. Während der Beerdigung hört Superman plötzlich dessen Herz erneut schlagen...und schweigt. In diesem Moment sieht er ein, dass er falsch lag, in diesem Moment sieht er ein, dass Batman die richtigen Werte vertrat. Am Ende baut Batman eine Untergrund Armee auf und bereitet sich auf den Kampf vor. Den Kampf in einer Welt, „in der viel mehr als Verbrechen und Mord falsch sind“.
Und selbst wenn wir die politische Botschaft hinter DK1 völlig außer acht lassen, bleibt eine großartige Geschichte übrig. Frank Millers Zeichenstil ist einmalig und absolut brillant. Seine Panels sind sehr filmisch und strotzen vor Aussagekraft, sie sind dynamisch und atmosphärisch. Der sprachliche Stil ist ebenfalls einmalig. DK1 ließt sich eher wie ein Roman als wie ein Comic, ja teilweise haben Millers Dialoge etwas Shakespear Haftes. Dazu erzählt Miller seine Geschichte mit viel Feingefühl und einem guten Gespür für die Charaktere. Er zeigt dem Leser den alten Batman, er zeigt ihm Eindrucksvoll, wie ein Krieg wie Batman ihn führt einen Menschen zerstören kann. Die Beziehung zwischen Alfred und Batman ist zu tiefst traurig. Beide sind alt, zu alt für das was sie tun und wissen, dass das Ende ihres Lebens bevor steht. Alfred wünscht sich und Bruce ein ruhiges Ende, Bruce aber sucht den Krieg. Millers Gordon ist ein trauriger, alter Mann das Laster der kaputten Gesellschaft viel zu lange tragen musste. Auch er weiß, dass Bruce sterben wird und bedauert es, da er mit ihm seinen besten Freund verliert. Carrie Kelly ist eigentlich viel zu jung für ihre Arbeit. Sie weint, als sie den Tod und das Leid sieht, dass Joker verursacht und trotzdem versucht sie souverän zu bleiben. Interessant ist ebenfalls, wie Miller hier Batmans Leben skizziert. Er zeigt die Entstehung Batmans durch den Mord an Waynes Eltern und den Untergang Batmans durch den Kampf gegen Superman. Batmans gewaltsames Leben, welches gewaltsam begann und gewaltsam endete.