Es wäre falsch Warrior als absoluten Durchbruch von Tom Hardy zu bezeichnen, so spielte er bereits zuvor größere Rollen in bekannten Streifen wie Inception oder RocknRolla. Vor allem seine Hauptrolle als Gefängnisausbrecher Bronson bescherte Hardy viel Aufmerksamkeit, da der Film fernab jeglicher kommerziellen Ideen gedreht wurde und dementsprechend Hardy eine sehr spezielle, intensive Art und Weise bei der Darstellung der Hauptfigur an den Tag legen konnte. Bronson ist an dieser Stelle das perfekte Beispiel für die Wandelbarkeit und Vielseitigkeit von Tom Hardy. Vom brachialen Batman Bösewicht Bane, über Endzeit Legende Mad Max, hin zum habgierigen Di Caprio Gegenspieler Fitzgerald in The Revenant, für die sogar die erste Oscar Nominierung winkte. Hardy versteht es jeder Rolle seinen persönlichen, individuellen Stempel aufzudrücken. Das spannende "Kammerspiel" No Turning Back beweist dabei eindrucksvoll, dass Hardy mittlerweile ganz allein einen Film tragen kann. Trotz seiner jüngsten Erfolge und den ganz großen Rollen in Hollywoodstreifen, werde ich mit ihm als erstes dennoch immer Warrior assoziieren. Obwohl Warrior eine Handlung aufweist, die man so oder so ähnlich schon mal gesehen hat, schafft es Hardy den Film zu etwas Besonderem zu machen.
"I think I liked you better when you were a drunk. At least you had some balls then. Not like now, tip toeing around, a begger with your cup out." - Conlon roastin' his father
Er spielt den hasserfüllten MMA Kämpfer Tommy Conlon, der nicht nur seinen Vater, sondern auch seinen Bruder, aufgrund des Todes der gemeinsamen Mutter verachtet. Diese Verachtung spielt Hardy mit so einer einmaligen animalischen Aggressivität, dass ich mir schwerlich, auch nur im Ansatz, jemand Anderen in dieser Rolle hätte vorstellen können. Den Kopf fest auf den Stiernacken gepresst, die zahlreichen Tattoos und die Tyson ähnliche, totale Offensive direkt zu Beginn jeden Kampfes, machen Conlon zu einem intensiven Erlebnis. All sein Leid entlädt sich im Ring, in dem er zu einer unaufhaltsamen Urgewalt wird, die jeden Gegner in Sekundenbruchteilen überrollt. Der Hass entlädt sich jedoch nicht nur im Ring, sondern auch immer wieder in Dialogen mit Vater und Bruder. Es tut fast körperlich weh, wenn Hardy als Conlon seinen, seit 1000 Tagen trockenen und darauf stolzen Vater verbal derart schmerzhaft und hart zufügt, sodass dieser wieder zur Flasche greift. Die Verachtung und der Hass sprüht in diesen Szenen nur so aus Hardy und jedes seiner zynischen Worte lässt einen zucken. Gleichzeitig transportiert Hardy den Schmerz, die Zerbrechlichkeit und die Einsamkeit seiner Figur jedoch jederzeit authentisch und ohne jeden Pathos. Er hasst seinen Vater und seinen Bruder dafür, dass sie nicht der Mutter beistanden als diese starb und es scheint dafür keine Vergebung möglich zu sein. Innerlich sucht Conlon, auch wenn er es sich nicht eingestehen will, aber endlich nach Frieden mit dem Rest seiner Familie und scheitert bis kurz vor dem Ende dabei immer wieder an sich selbst und seinem Stolz. Niemand hätte diese Zerrissenheit besser und glaubwürdiger darstellen können.
"Ich hätte meine Mutter für Drogen verkauft" - Tom Hardy
Vielleicht liegt das zum Teil auch an Hardys persönlicher Geschichte, die nicht immer nur steil bergauf verlief. Seit seiner Jugend konsumierte Hardy zuviel Alkohol, dazu Crack und Kokain, was letztlich in einem späten Zusammenbruch 2003 gipfelte, der ihn seine erste Ehe und fast sein Leben kostete, der ihm aber auch die Augen öffnete. Eine folgende Therapie vertrieb die Dämonen aus Hardys Kopf. Sie machte ihn darüber hinaus zu einem professionelleren, besseren Schauspieler. Allein für die Rollen von Bane in Batman oder Conlon in Warrior trainierte Hardy seinen Körper auf extreme Art und Weise, was zu einer Transformierung führte, die Jahre zuvor mit dem Alkohol und den Drogen nicht vorstellbar und möglich gewesen wäre. Rückfälle sind diesbezüglich nicht mehr zu erwarten, da Hardys private Entwicklung, seinen oft kaputten und abgefuckten Rollen zum Glück konträr gegenübersteht und im Kontext seiner wilden Vergangenheit fast spießig anmutet. Er heiratete 2014 seine langjährige Verlobte und Kollegin Charlotte Riley, die ihm ein Jahr später das erste Kind der Beziehung schenkte. Hardy ist mit Ende 30 privat und beruflich vollends im Leben angekommen. Er hat sich durch seine zahlreichen, packenden Darstellungen einen Namen erarbeitet, bei dem genug Leute, ich straight vorneweg, Filme mittlerweile allein wegen ihm schauen. Ich bin mir zu guter letzt sicher, dass Hardy noch viele Darstellungen abliefert, die ich feiern werde, doch kann ich mir nicht vorstellen, dass der Tag kommt, an dem mich jemand fragt, "Kennst du Tom Hardy?" und ich nicht als erstes das Bild von Tommy Conlon in Warrior vor Augen habe.