Wer ist das denn?
Wir alle kennen den Fall von Schauspielern, bei denen wir uns wundern, dass sie nie einen Oscar gewonnen haben, wie beispielweise Richard Burton. Es gibt allerdings auch den Fall von Oscargewinner, bei dem sich der geneigte Kinogänger in Anbetracht seiner weiteren Karriere fragen darf: “Warum das denn?” … immer vorausgesetzt, dass der Zuschauer den Schauspieler überhaupt kennt.
7. Adrien Brody: Der erfolglose Schlawiner
Es ist ein wenig früh, Adrien Brody als “Oscar One Hit-Wonder” abzutun. Aber wir wollen gleich mit einer kontroversen Entscheidung beginnen: Adrien Brodys Sieg als bester männlicher Hauptdarsteller für Der Pianist im Jahr 2002 war eine der großen Überraschungen der jüngeren Oscargeschichte. Adrien Brody beeindruckte die Zuschauer der Verleihung darüber hinaus mit einer gehörigen Portion Chuzpe und drückte Halle Berry auf dem Podium einen wohl platzierten Schmatzer auf die Lippen. Well done. Leider waren seine Folgefilme eher dürftig. Zwar arbeitete der Darsteller mit interessanten Regisseuren, wie Rian Johnson und Dario Argento zusammen, aber deren Film waren qualitativ weit von ihren besten entfernt. Als positive Ausnahme erscheint da Die Hollywood-Verschwörung, in dem ihm aber Co-Star Ben Affleck etwas vom Lob abgrub.
Wen er schlug: Schauspielgigant Daniel Day-Lewis in Gangs of New York und Legende Jack Nicholson in About Schmidt. Nicht schlecht.
6. Marlee Matlin: Gottes vergessene Oscargewinnerin
Es ist ein Klischee, aber die Oscarjuroren lieben Behinderungen, behinderte Menschen und die Schauspieler, die sie spielen. Wie sollten sie also nicht eine Schauspielerin in einem hochgelobten Film über stumme Kinder lieben, die ihre Behinderung nicht spielt, sondern auch tatsächlich behindert IST. Marlee Matlin war allerdings auch hervorragend in Gottes vergessene Kinder. Sie zeigte ihr Schauspieltalent denn auch noch später in diversen Qualitätsfernsehserien, wie Picket Fences und The L Word – Wenn Frauen Frauen lieben. Eine Spielfilmkarriere hat die Oscargewinnerin indes kaum gehabt.
Wen sie schlug: Schwer zu sagen, wer 1986 die Favoritin in der Kategorie beste weibliche Hauptdarstellerin war. Deswegen mein persönlicher Favorit: Sigourney Weaver in Aliens – Die Rückkehr. Eine Schande!
5. Mercedes Ruehl: Der Opel unter den erfolglosen Oscargewinnern
Mercedes Ruehl gewann bei den Academy Awards 1991 den Oscar als beste weibliche Nebendarstellerin in König der Fischer. Hier spielt sie die etwas schnoddrige Freundin des zynischen RadioDJs Jack Jeff Bridges. Es gibt an und für sich wenig auszusetzen an der Entscheidung der Academy. Mercedes Ruehl war sehr gut in einem schönen Film eines sympathischen Regisseurs (Terry Gilliam), mit ausgezeichneten Co-Stars (immerhin Jeff Bridges und Robin Williams). Leider kam ihre Karriere nach ihrem Oscargewinn nicht so richtig in Gang und war hauptsächlich auf Fernsehrollen in TV-Filmen und Serien, wie etwa Entourage, beschränkt. Immerhin …
Wen sie schlug: Juliette Lewis in Kap der Angst.
4. Louis Gossett Jr.: Der stählerne Oscar 27
Louis Gossett Jr. gewann 1982 den Oscar als bester männlicher Nebendarsteller für seine Darstellung des toughen Drill Sergeant mit Herz im Militärdrama Ein Offizier und Gentleman. Leider fühle ich mich nicht im Stande, die hervorragende Entscheidung der Academy zu kritisieren (nein, das ist nicht ironisch gemeint). Das ändert aber nichts daran, dass Louis Gossett Jr. danach keine sonderlich guten Filme mehr machte. Dafür schrieb er Filmgeschichte: Im Science Fiction Film Enemy Mine – Geliebter Feind war er der erste Mann, der auf der Leinwand ein Kind gebar – bis Arnold Schwarzenegger 1994 in Junior nachlegte.
Wen er schlug: Nun ja, technisch gesehen James Mason in The Verdict – Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
3. F. Murray Abraham: Schlechter als Mozart
F. Murray Abraham gewann 1982 in der Kategorie bester männlicher Hauptdarsteller für seine zurückhaltende Darstellung des, an seiner Mittelmäßigkeit leidenden Antonio Salieri in dem imposanten Kostümdrama Amadeus. Häufig wird angemerkt, dass nicht er hätte gewinnen sollen, sondern Tom Hulce, der die Titelrolle des Filmes spielte. Das würde allerdings nicht viel an der Platzierung ändern, denn für Tom Hulce blieb seine Rolle in Amadeus seine beste. Für F. Murray Abraham folgte immerhin noch die Rolle des Inquisators Bernardo Gui in Der Name der Rose.
Wen er schlug: Co-Star Tom Hulce.
2. Haing S. Ngor: Tränen für Kambodscha
Der inzwischen verstorbene Haing S. Ngor war ursprünglich ein Arzt, der die Terrorherrschaft der Roten Khmer am eigenen Leib erlebt hatte. Als er für seine authentische Darstellung im Kriegsdrama The Killing Fields – Schreiendes Land für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert, wundern wir uns, dass die Juroren vor lauter Rührung noch das Kästchen zum Ankreuzen sehen konnten. Wenige Rollen in wenig nennenswerten Filmen folgten. Er spielte “Mr. Ho” im rührseligen Drama My Life – Jeder Augenblick zählt und den Vater der Protagonistin in Oliver Stones Kriegsdrama Zwischen Himmel und Hölle.
Wen er schlug: Den Shakespeare-Mimen Ralph Richardson in Greystoke – Die Legende von Tarzan, Herr der Affen und Pat Morita in Karate Kid.
1. Harold Russell oder das gute Gewissen
Wer ist Harold Russell? Nun ja, Harold Russell kam schwer verletzt aus dem Zweiten Weltkrieg zurück und wirkte in einer Dokumentation über Vetranen mit. Regisseur William Wyler sah diese Dokumentation und engagierte Harold Russell für eine Rolle in seinem Veteranendrama Die besten Jahre unseres Lebens. Dort spielt der versehrte Veteran einen versehrten Veteranen. Er tat dies sehr gut und der Film ist immer noch sehr, sehr rührend. Natürlich gewann er den Oscar als bester männlicher Nebendarsteller. Harold Russell spielte in seinem Leben noch in zwei Spielfilmen mit.
Wen er schlug: Aus heutiger Perspektive wäre sicherlich Claude Rains in Berüchtigt der Mitfavorit. Ach was rede ich: Harold Russell würde immer noch gewinnen.