Im gestrigen Tatort: Der Schrei von Gregor Schnitzler (Soloalbum, Die Wolke) ermittelten Kopper und Odenthal in einem eher unspektakulären Mordfall. Routinemäßig wurden verschiedene Mordszenarien durchgespielt. Wirklich dramatisch oder spannend wurde es dabei leider nie.
Nachdem in einem Vergnügungspark ein Mädchen aus mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist, war zunächst ein pädophiler Parkbesucher, gespielt von Fabian Busch, der Hauptverdächtige. Aber auch die Eltern (Annika Kuhl und Roeland Wiesnekker) gerieten immer mehr in den Fokus der Ermittlungen. Am Ende waren jedoch weder die Eltern, noch der Kinderschänder die Täter und die Lösung des Mordfalls geriet reichlich banal.
In der Rahmenhandlung wurde Kopper diesmal ein Neffe vor die Nase gesetzt, der vor allem dazu diente, dem Zuschauer die Moral der Geschichte aufs Auge zu drücken. Egal wie anstrengend Kinder manchmal sind (in diesem Falle für den Zuschauer kaum auszuhalten), sie bleiben doch immer liebenswerte Geschöpfe. Wir haben verstanden! So sieht Erziehung im Malen nach Zahlen Prinzip aus.
Nervtötend war außerdem die Penetranz der dargestellten Traumatisierung der Mutter. In jeder zweiten Szene stieß sie etwas um oder ließ eine Tasse bzw. ein Glas fallen, bis auch der letzte Zuschauer verstanden hat, dass sie vom Mord an ihrer Tochter schwer mitgenommen ist. Der einzige Erzählstrang, der überzeugen konnte, war die ambivalente Darstellung von Fabian Busch als pädophilem Triebtäter a la The Woodsman – Kann man etwas Schlimmeres tun?, der zwischen Opfer- und Täterrolle schwankte. Hier vermied der Tatort einfache Antworten auf komplizierte Fragen und ließ den moralischen Zeigefinger einmal stecken.
Die Inszenierung vo, Tatort: Der Schrei war solides TV-Niveau, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Negativ und etwas lächerlich waren allerdings die Halluzinationen der Mutter von ihrer toten Tochter. Bei diesem Shining für Arme fehlte nur noch, dass der Ventilator, der wild Blätter und Haare herumwirbelte, selbst im Bild zu sehen war, so gestellt wirkten diese Szenen. Von einem renommierten Kinoregisseur wie Gregor Schnitzler hätte man hier etwas mehr erwarten können. Auch sonst blieb dem Zuschauer die ein oder andere Peinlichkeit nicht erspart, unter anderem als eine Szene passend zum Titel des Tatorts ausgerechnet mit Schrei von Tokio Hotel unterlegt werden musste.
Ulrike Folkerts und Andreas Hoppe spielten die Kommissare wie gewohnt souverän und routiniert. Trotz allen Versuchen konnten aber auch sie es nicht schaffen wirklich Spannung im Fall zu erzeugen. Dazu gab das arg konstruierte Drehbuch einfach zu wenig her. Nachdem die Szenarien des pädophilen Kinderschänders und der entnervt-eifersüchtigen Mutter durchgespielt wurden, wurde dann die Lösung per dritter Variante wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert.
Die Auflösung des Falls kam äußerst abrupt und wie willkürlich aus der Luft gegriffen. Dazu war sie auch noch reichlich unplausibel. Ein simples “wir haben die Gästeliste noch einmal überprüft” reicht, um den Fall aufzuklären. Nachdem die möglichen Motivszenarien vom Kinderschänder und der eifersüchtigen Mutter durchexerziert wurden, ist der Täter natürlich derjenige, der in keiner Beziehung zum Opfer steht und den Mord nur aus reinem Zufall begangen hat.
Der Schrei war ein Tatort, der kaum Spannung erzeugen konnte und nur streckenweise Interesse weckte. Dies lag vor allem daran, dass die Intention des Drehbuchschreibers jederzeit viel zu durchsichtig blieb und der Tatort dadurch kaum Überraschungen bot.
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