Vom Gangster-Kult zu neuer Größe mit Guy Ritchie

10.09.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Jude Law, Guy Ritchie und Robert Downey Jr. am Set von Sherlock Holmes
Warner Bros.
Jude Law, Guy Ritchie und Robert Downey Jr. am Set von Sherlock Holmes
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Guy Ritchie wurde bereits nach seinem zweiten Film Snatch (zurecht) zum neuen Regie-Star erklärt. Dann kam das Tief. Mit seinen Sherlock-Holmes-Blockbustern gelangen ihm jüngst zwei Kassenschlager – doch wieviel “alte Größe” steckt in den Erfolgen?

Schwankende Karriere
Bezüglich Niveau und Anspruch abweichende Werke sind keine Seltenheit im Filmbusiness und werden von Fans auch immer gerne verziehen, sollte das Subjekt der Bewunderung nicht ein One-Hit-Wonder bleiben. Doch dass zwei so thematisch und qualitativ unterschiedliche Filme wie der Gangster-Kultstreifen Bube Dame König GrAs und der romantische Schiffsbruch-Megaflop Stürmische Liebe – Swept Away mit Madonna von ein und demselben Regisseur stammen, ist trotzdem kaum zu glauben. Verziehen haben wir es dem Geburtstagskind Guy Ritchie trotzdem schon lange.

Diese beiden Beispiele sind bezeichnend für die schwankende Karriere von Ritchie, die mit der genannten Madonna-Romanze einen ebenso harten Schiffbruch erlitt. Gestrandet auf der Insel der Top-turns-Flop-Regisseure und verheiratet mit Superstar Madonna irrte Ritchie sozusagen 2000 bis 2008 umher, wobei er sich nach der Gangster-Katastrophe Revolver mit dem mittelmäßigem RocknRolla etwas revitalisieren konnte. 2008 erfolgte die Scheidung von der Sängerin. Und ohne nun einen kausalen Zusammenhang herstellen zu wollen, fand sich Guy Ritchie um diese Zeit herum ein Thema, das dem Briten auf den Leib geschnitten zu sein scheint: ein Sherlock Holmes in Bond-Manier.

Mehr: Guy Ritchie verfilmt historisches Liebesdrama

Siegeszug von Sherlock Holmes
Ritchie feierte mit seiner Detektiv-Adaption Sherlock Holmes 2009 einen bombastischen Kino-Welthit. Und der zweite Teil Sherlock Holmes 2: Spiel im Schatten brachte es mit ein paar Dollar mehr auf sagenhafte 545 Millionen weltweit. Dieser internationale Hit zeigt sich jedoch weit braver, CGI-lastiger und lukrativer als Ritchies bisherige Werke und hatte mit rund 90 Millionen auch mit Abstand das größte Budget von Ritchies Regiearbeiten. Dies lag natürlich am großen Studio, Warner Bros., das er im Rücken hatte und an dem bis dato bereits als Iron Man bekannten Charismaten Robert Downey Jr. als Holmes und Hollywoodsches Zugpferd.

Mit Sherlock Holmes ist Guy Richtie zwar nicht zu seiner Anfangsgröße zurückgekehrt – dafür unterscheiden sich die Produktionsumstände zu stark von den anfänglichen Low-Budget-Gangsterkomödien. Zudem mussten die beiden Sherlock-Filme eine Freigabe ab 12 erreichen, was Ritchies Hang zur ästhetisierten Gewalt einschränkte. Jedoch schuf er sich mit einer soliden bis auffälligen Inszenierung etwas Neues und Größeres, wenn auch nicht mit so viel Kultpotenzial. Der zweite Teil des Franchises hingegen war wieder ein qualitativ schwächerer Eintrag in Ritchies Regie-Karriere.

Der Ritchie-Faktor
Der hohe Ritchie-Wiedererkennungswert vom ruppig inszenierten Gangster-Mileu bis hin zu den doch gar nicht so unbrutalen Oben-Ohne-Faustkämpfen ist erstaunlich, da er bei den Sherlock-Filmen erstmals nicht selbst die Geschichte zu den Filmen entworfen hatte und nicht am Drehbuch beteiligt war. Doch vielleicht brauchte er diese Auszeit, fremde Ideen sein eigen zu machen, um sich auf seinen Stil zu konzentrieren, um schon bald in der skurrilen Gangster-Manier zurückzukehren, wie sie seine beiden Ab-16-Gangster-Kultfilme Bube Dame König grAs und Snatch – Schweine und Diamanten 1998 und 2000 vorgaben. Nicht nur in Großbritannien erlangte der Autor und Regisseur mit diesen verwirrenden Geschichte über Kleinkriminelle in eigens geschaffenen und äußerst brenzligen Situationen selbst Kultstatus.

Neue Pfade
Wir können darauf hoffen, dass er sich ein paar skurrile Charaktere, schräge Storylines und brutale Nahkampfszenen notiert hat, während er mit den beiden Sherlock-Teilen quasi eine familientaugliche Blockbuster-Version seiner eigenen Gangster-Ideen drehte. Denn in seinem neuen Projekt scheint er sich (hoffentlich) irgendwo in der Mitte von seinen kultig-grotesken Anfangswerken und der neu gewonnenen Budget-Anvertrauung dank Sherlock Holmes zu treffen. Das aktuelle Projekt trägt den Titel Codename U.N.C.L.E. und handelt von einem CIA- und einem KGB-Agenten in den 1960ern und wie immer ist auch eine kriminelle Organisation involviert.

The Man from U.N.C.L.E
Ritchie hat zwar nicht die Story zu The Man from U.N.C.L.E. geschrieben, jedoch wieder einmal am Drehbuch mitgewirkt und sich vielleicht so manches abgeguckt vom hochkarätigen Kollegen und Soderbergh-Schreiberling Scott Z. Burns (Side Effects). Die Actionkomödie befindet sich zur Zeit in der Vorproduktion. Armie Hammer (Lone Ranger), Henry Cavill (Man of Steel) und Hugh Grant (About a Boy oder: Der Tag der toten Ente) haben bereits zugesagt. Ritchie wird Regie führen und vielleicht bleibt es ja nicht nur beim finanziellen Erfolg des Sherlock-Franchises, sondern bei diesem Projekt um eine kreative “neue Größe” von Guy Ritchie, die sich aus einer gekonnten Mischung aus hochbudgetierter Action, skurrilen Imputs und starker Geschichte zusammenschweißen könnte.

Viel Talent
Guy Ritchie ist und bleibt ein talentierter Regisseur, der dem britischen Gangsterfilm zwei legendäre Einträge beschert hat, und den sein längerfristiges Karrieretief bloß nicht davon abhalten sollte, weiterhin Filme zu drehen. Angesichts einer hoffentlich vorrübergehenden Ideenlosigkeit zu Beginn der 00er Jahre tut die Zusammenarbeit mit anderen Drehbuchschreibern seinen Filmen vorerst gut. Hoffentlich gibt es seinen einprägsamen Stil, schräge Charaktere, schwarzen Humor und sein ästhetisches Gespür für Zeitlupeneffekte, Farbkompositionen und Szenenrhythmik sowie seinen coolen Soundtrack in The Man from U.N.C.L.E. und seinen weiteren Projekten zu sehen und zu hören.

The Man from U.N.C.L.E. soll kommendes Jahr in den Kinos erscheinen. Auch Sherlock Holmes 3 ist in Planung, doch zur Zeit wurde noch nichts konkretes bestätigt. Wir aus der moviepilot-Redaktion gratulieren Guy Ritchie herzlich zum 45. Geburtstag und hoffen darauf, dass er sein Talent in weiteren Filmen mit Bedacht einsetzen kann, will und darf.

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