Dass eine Serie wie diese ihr Publikum findet, fand ich nie besonders überraschend - wir lieben nun mal Klatsch und böse kleine Geheimnisse und der einzige Ort, an dem die in aller Stille gewaschene Wäsche noch schmutziger ist als im beschaulichen Vorort, muss natürlich die Upper-Class sein....und wer wüsste das besser als diejenigen, die diese Wäsche waschen. Das hat allerdings, zumindest bei den Maids Soyla, Carmen, Rosie und Marisol, weniger mit offenen Ohren zu tun, als damit, dass es eigentlich sie sind, die ihre kleinen und größeren Geheimnisse und Intrigen in die Villen ihrer Reichen und Schönen mitbringen. Für besonders "devious" halte ich sie trotzdem nicht, weil sie zum einen ihr Herz ziemlich auf der Zunge tragen, meistens ein relativ offenes Verhältnis zu ihren Arbeitgebern haben und in den allermeisten Fällen entweder in bester Intention handeln (etwa um die eigenen Kinder oder die liebgewonnenen Arbeitgeber zu beschützen), oder in letzter Sekunde die eigene Geradlinigkeit über die vielleicht egoistischen Motivationen triumphiert. Damit sind sie weder undurchsichtig, noch verschlagen, noch doppelzüngig oder tatsächlich unaufrichtig, was wohl die gängigsten Bedeutungen von "devious" sind. Anyway, Devious Maids ist nicht Game of Thrones, aber damit hat wohl auch niemand gerechnet, also wollen wir nicht päpstlicher sein als der Papst.
Mein versöhnlicher Ton rührt daher, dass ich zu meiner eigenen Überraschung festgestellt habe, wie mir Devious Maids – Schmutzige Geheimnisse zusehends besser gefällt als Desperate Housewives.
Überrascht hat es mich deshalb, weil für mich bereits ziemlich schnell fest stand, wie billig die beiden Serien sich teilweise überschneiden. Da hätten wir die Struktur: Am Anfang der Staffel wird ein Geheimnis etabliert. Im Laufe der kommenden Folgen wird es stückweise aufgelöst, allerdings um diverse kleine Nebenintrigen erweitert. Peu à peu werden neue Figuren eingeführt, der Kreis der Verdächtigen wird zunächst erweitert und am Ende ziemlich rasch verdichtet. Schließlich kommt es zum dramatischen Finale, das zunächst völlig überraschend gut ausgeht, dann aber, als Teaser für die kommende Season, mit einem gänzlich unerwarteten Cliffhanger endet. Im Zentrum steht eine Gruppe Frauen, die alle ihre eigenen Sorgen und Probleme haben, am Ende aber zusammenhalten wie Pech und Schwefel, denn auf wen kann sich Frau in einer Welt idiotischer Kerle schon verlassen, wenn nicht auf die beste Freundin? Klingt bekannt und noch bekannter klingt die, meiner Meinung nach, eins zu eins kopierte musikalischen Untermalung...es ist teilweise Note für Note der selbe Soundtrack, lediglich um ein paar Latino-Klänge verfremdet, was bei näherer Betrachtung ein klein wenig rassistisch sein könnte. Oder sagen wir mal: Etwa so stereotyp wie irische Geigen, sobald ein Charakter auch nur entfernt aus GB kommt, es sind.
Mir fällt gerade auf, dass das immer noch ein bisschen so klingt, als fände ich die Serie scheiße. Ist aber nicht so. Mir gefällt eigentlich gerade, dass sie diese Mängel hat und ich sie trotzdem ganz gerne gucke. Vielleicht sollte ich jetzt mal erklären, warum ich Devious Maids besser als Desperate Housewives finde.
Das Urteil ergibt sich eigentlich gerade aus den Gemeinsamkeiten (mal abgesehen von der Musik, das finde ich weiterhin ziemlich panne).
Die Geheimnisse sind dichter, spannender und irgendwo auch mutiger. Zumindest in Ansätzen sehe ich hier tatsächlich kleine Kriminalfälle aufgedeckt und gerade in der zweiten Staffel (für alle die sich die Serie nur bei Pro Sieben ansehen: SPOILER ALERT) mag ich die dezenten Anspielungen an Alfred Hitchcocks Rebecca ausgesprochen gerne. Überhaupt scheint sich die Serie inzenatorisch einer Hommage an den Master of Suspense verschrieben zu haben: Da sind die Grace Kelly-Outfits, die kleinen versteckten Hinweise, das Ermitteln, unabhängig von Polizei und Staat, sogar mit dem Ziel ein wenig besser zu sein als die Judikative. Der Fokus, zumindest in Staffel eins, ist sehr viel besser gesetzt, indem Marisol über eine gewisse Strecke als die geheimnisvolle Fremde, die sehr klassisch als zunächst nicht näher zuordbare Beobachterin der Beerdigung beiwohnt, gehandelt wird, um dann als Frau mit klarer Agenda den roten Faden bis zum Ende weiterzuspinnen. Das alles finde ich gut, ebenso, dass Schüsse aus dem Nichts fallen können und man, hier tatsächlich eine kleine Game of Thrones-Analogie, nie genau weiß, wer überleben wird. In Staffel zwei wird die Gewalt sogar noch ein klein wenig angezogen, aber auch das Hitchcock-eske und ich bin noch nicht sicher, ob die Serie damit noch mehr an Profil gewinnen, oder sich vielleicht eher etwas Sympathie verscherzen bzw. sich einfach verlaufen könnte. Man wird sehen und ich wollte ja jetzt eigentlich über die positiven Aspekte reden.
Sehr angenehm finde ich auch, dass das Umfeld der Frauen offenbar von Staffel zu Staffel verändert wird - hat eine Familie thematisch ausgedient, kommt sie auch nicht mehr vor, anstatt ihr noch eine weitere Konstruktion aufzudrängen. Zusätzlich positiver Aspekt daran: Es ergeben sich auf diese Weise neue Aufgaben für die Maids, wir erkennen neue Seiten an ihnen und sehen sie in neuen Kontexten. Das finde ich deutlich spannender, als in Desperate Housewives zu beobachten, wie sich die Damen immer um ziemlich ähnliche Zusammenhänge und damit zunehmend im Kreis bewegen.
Desperate Housewives ist eine Serie, die all das in Ansätzen eventuell ebenso vertritt, aber weit braver, abgeschwächter, vielleicht einfach unterentwickelter.
Nach dem zigsten Mal (es wird einfach unglaublich oft auf Sixx wiederholt) fallen mir neben den offensichtlichen Mustern in der Serienhandlung, insbesondere die Muster in der Figurenzeichnung auf, die ziemlich stereotyp sind und, noch schlimmer, austauschbar. Ich nenne mal ein Beispiel: Hätte Bree eine Karriere, die sie wegen ihrer Kinder zurückgestellt hätte, wäre sie Lynette. Stattdessen hängt ihr Ehrgeiz und zugegebenermaßen eiserner Wille daran, sich in dem Feld zu profilieren, das Lynette gewissermaßen aufgedrängt wurde, während Lynette ebenso energisch darum bemüht ist, nicht in genau diesem Aufgabenfeld zu verschwinden.
Ein Element nur unterscheidet also faktisch die zwei so konträr erscheinenden Figuren, wobei ich persönlich Lynette (Felicity Huffman) noch für den spannendsten Charakter der Serie Desperate Housewive halte - In erster Linie deshalb, weil sie die einzige tatsächlich "verzweifelte" Hausfrau ist. Ihre Konflikte sind es, die wir aus der Realität kennen. Ihr Umgang mit diesen Problemen ist es, der die Situationen aus dem Ruder laufen lässt und sie, was im Rahmen der Fiktionalität absolut positiv zu bewerten ist, überzeichnet. Nach ähnlichem Muster sind die allermeisten Sitcoms aufgebaut, by the way.
Eine Randbemerkung dazu: Eine Zeit lang wird versucht, auch Gabrielle (Eva Longoria) mit den Problemen der ich-und-du-Alltagsfrau auszustatten, also Überforderung mit der Kindererziehung und Haushalt, Geldsorgen und nicht zuletzt der frustrierenden Erfahrung, dass sich dieser Stress als allererstes im Aussehen niederschlägt. Die Rückverwandlung folgte relativ rasch - meine Vermutung: Gabrielle war zu sehr zu Lynette geworden.
In Devious Maids gibt es in gewisser Weise Spiegelfrauen der Desperate Housewives:
Susan, die naiv-romantische Chaoskönigin, wird gedoppelt von Rosie, die, offensichtlich wenig welterfahren und sehr überzeugt von Moral und christlichen Werten, im Grunde das Tugendlamm der Gruppe ist. Und doch: es gibt die Affäre mit Mr. Spence, es gibt die latente Bereitschaft, ihre Arbeitgeber zu hintergehen, wenn sie es im Sinne eines "greater good" betrachtet und sie verfügt über eine innere Festigkeit und Kampfbereitschaft, die man einer so zierlichen, sanften Person nicht zutraut. Im Gegensatz zu Susan ist sie tatsächlich leidgeprüft und zieht daraus viel Stärke. Sie ist eine Figur, die nicht nur ihre Bruchstellen hat, sondern auch in ihrer Zeichnung gebrochen ist, wenn auch weit subtiler als der Paradiesvogel der Serie - Carmen, das Gabi-Spin-off.
Carmen und Gabrielle sind die beiden Diven, während Gabrielle von Desperate Housewives allerdings die meiste Zeit die egozentrische Prinzessin mit dem sehr tief verborgenen guten Kern bleibt, changiert der Carmen-Charakter in Devious Maids immer wieder zwischen ihrem Willen zum Erfolg und ihrer guten Grundnatur....mal ganz davon abgesehen, dass sie vom Pech verfolgt zu sein scheint, während Gabrielle irgendwie immer auf die Füße zu fallen weiß. Später in der Serie gewinnt auch Gabi an Profil, eine gewisse Entwicklung machen Charaktere nun mal immer durch, an diesem Punkt ist Carmen für mich jedoch bereits.
Soyla (Judy Reyes) vereint in sich den Perfektionismus einer Bree, mit dem chaosstiftenden Kontrollwahn einer Lynette...und sie hat für mein Empfinden auch eine ganze Menge der immer Ratschläge verteilenden Carla aus Scrubs, bisher die Paraderolle der Darstellerin. Was Soyla als Charakter spannend macht, ist ihre Bereitschaft, sich im Zweifel das eigene Herz herauszuschneiden, um ihre Familie zu beschützen, ohne dabei so unnahbar wie Bree zu sein - sie ist sogar ein ausgesprochen menschlicher Charakter, der auch mal mit Schuhen wirft.
Eine Erweiterung des Figurenkatalogs stellt das Ehepaar Powell dar und sie sind tatsächlich der Part, der das "devious" im Sinne von undurchschaubar in die Serie bringt: Beide sind weder eindeutig gut noch schlecht, ihre Entscheidungen sind ebenso verworren wie ihre Beziehung zueinander und, was macht einen Charakter sonst zum Titelträger Lieblingsfigur, sie haben die besten Texte. Ich finde sie um einiges unterhaltsamer als z.B eine Edie, weil sie überraschender sind...und einfach mehr Stil haben.
Worauf ich hinaus will: Devious Maids ist ein Spin-Off im wahrsten Sinne des Wortes.
Handlung, Stil und Figuren entwickeln sich aus der Vorlage, die Desperate Housewives bot und das Ergebnis ist nicht wirklich etwas Neues, aber eine gewisse Verbesserung bzw. Erweiterung. Fans der ersten Serie werden die zweite vermutlich mögen bis lieben, wenngleich ich nicht davon ausgehe, dass sich das Genre nun neuen Zuschauern öffnet - das Rad wird hier wirklich nicht neu erfunden, nur weil die Hauptdarsteller Hausmädchen sind.
Der Anfang war bisher sehr gelungen, jetzt ist es wichtig, kleinere und größere flaws auszubügeln.
Ich habe stark den Eindruck, dass die Devious Maids sich weiterentwickeln möchten und hoffe, im Sinne einiger vergnüglicher Stunden, die sie mir bereits verschafft haben, dass sie sich nicht im Irrgarten der Anspielungen, Hommagen und dem Drang, immer noch einen drauf zu setzen, verirren. Dann wird der Gerade-Hit nämlich schnell dorthin gehen, wo zur Zeit so viele vielversprechende Shows landen....nennen wir's mal den Nimbus der Belanglosigkeit.
Damit schließe ich mein Selbstgespräch...und sehe mal nach, wie es so weitergeht.