Vom bleichen Mädchenschwarm zum durchgedrehten Wärter: Robert Pattinson spielt in seinem aktuellen Film Der Leuchtturm eindrucksvoll virtuos an der Seite von Willem Dafoe. Dafür könnte er nun mit einer Oscar-Nominierung belohnt werden. Es wäre eine mehr als verdiente Würdigung seiner Leistung und die Neupositionierung eines Jungstars, der gerade erst anfängt, sich freizuspielen.
Robert Pattinson - Bis(s) zum Charakterdarsteller
Seine große Auferstehungszeit als glitzernder, gedankenverlorener Vampir Edward Cullen in der Twilight-Saga liegt jetzt glücklicherweise schon eine Weile hinter ihm. In der melodramatischen Filmreihe wirkte Robert Pattinson noch unfreiwillig farblos und konnte, trotz dem Hype um ihn und seine Figur, der inhaltlichen Leere der Verfilmungen nicht entgegen wirken.
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In den letzten Jahren hat Robert Pattinson allerdings eine spannende Wandlung vollzogen, indem er sich, ähnlich wie Co-Star Kristen Stewart, durch seine immer präziser werdende Rollenauswahl als Schauspieler selbst ein neues, markanteres Profil verpasst. Inzwischen erfüllt er sein fragwürdiges Image als Love Interest und Verführer nicht mehr.
Nun arbeitet Robert Pattinson mit Regisseuren wie David Cronenberg und Werner Herzog und wendet sich eigenwilligen, sperrigen und abenteuerlichen Charakteren zu. James Gray’s Die versunkene Stadt Z (2016), Smoking Gun (2018), High Life von Claire Denis und Good Time (2019) von den Safdie-Brüdern erweisen sich dabei als die aufschlussreichsten Filme im Hinblick auf das erweiterte Spektrum, in dem er sich zunehmend ausprobiert.
Der nächste große Schritt steht mit seinem Engagement in Tenet von Christopher Nolan bevor. Außerdem tritt Robert Pattinson als Batman schon bald in die Fußstapfen von Michael Keaton, Val Kilmer, George Clooney, Christian Bale und Ben Affleck. Er kann es besser machen als seine Vorgänger, grandios scheitern oder es eben komplett anders angehen und für eine Überraschung sorgen. Die erwartungsbedingte Fallhöhe war nie größer.
Robert Pattinson im surrealen Wahnsinn von Der Leuchtturm
Umso aufbauender und vielversprechender ist es daher, wie sehr Robert Pattinson derzeit für seine Rolle als Ephraim Winslow in Der Leuchtturm gefeiert wird. Den Kritiken ist zu entnehmen: Dafür hätte er den Oscar verdient.
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Der neue Film von The Witch-Regisseur Robert Eggers spielt in den 1890er Jahren auf einer felsigen Insel vor der Küste Neuenglands. Im Mittelpunkt stehen zwei Leuchtturmwärter, Thomas Wake und sein Assistent Ephraim, die in dieser mythisch belegten Einöde vier Wochen ausharren müssen und sich immer mehr einem Albtraum ausgesetzt fühlen.
Der Leuchtturm ist ein abgefahrener Genre-Mix in Schwarz-Weiß, pures expressionistisches Kino. Dabei werden gekonnt die Grenzen der Wahrnehmung ausgelotet. Dafoe und Pattinson geben sich jeder sinnlichen, metaphysischen und in Alkohol getränkten Strömung hin und drohen, den Verstand zu verlieren.
Die düstere Ästhetik des Films und der Sound tragen ihr Übriges zur Intensität bei. Robert Pattinson spielt hier alles aus sich heraus und liefert damit wahrscheinlich die nuancierteste Oscar-Bewerbung dieses Jahres ab. Aber könnte er sich gegenüber der Konkurrenz behaupten?
Robert Pattinson - Der Underdog der diesjährigen Oscars
Zunächst wurde vermutet, dass Willem Dafoe als Bester Hauptdarsteller vom Studio gewählt wird. Er wird der Academy jetzt als Bester Nebendarsteller vorgeschlagen. Ist das taktisch gedacht die richtige Entscheidung oder hätte Robert Pattinson nicht vielleicht als Nebendarsteller in diesem Jahr die besseren Karten?
Scott Feinberg, der Awards Kolumnist von The Hollywood Reporter , stellt in seinem Feinberg Forecast jedes Jahr fortlaufende Prognosen zu den möglichen Gewinnern auf. So sieht seine aktuelle Top 5 der besten Hauptdarsteller aus:
- Adam Driver (The Marriage)
- Joaquin Phoenix (Joker)
- Leonardo DiCaprio (Once Upon a Time in Hollywood)
- Jonathan Pryce (The Two Popes)
- Robert De Niro (The Irishman)
Robert Pattinson verortet er dabei bisher lediglich als mögliche Option, jedoch nicht als ernsthaften Anwärter.
Dennoch kann sich im Verlaufe dieser aufwendig angelegten Kampagnen noch einiges ändern. Gerade Todd Phillips‘ Joker ist für die Awards-Season ein eher kritischer Kandidat, auch wenn Joaquin Phoenix famos spielt.
Und sind die anderen Hauptdarsteller im Vergleich stark genug? Es stehen noch einige Starttermine aus und schnell könnten sich dabei noch mal neue Favoriten herauskristallisieren. Robert Pattinson kann also zumindest auf eine verdiente Nominierung hoffen und damit neue Diskussionen anheizen.
Spätestens nach der offiziellen Verkündung der Oscar-Nominierten am 13. Januar 2020 wissen wir mehr. Die Oscars selbst werden dann am 9. Februar 2020 verliehen. Überzeugt euch bis dahin selbst von seiner Performance und genießt den Wahnsinns-Trip.
Der Leuchtturm mit Robert Pattinson und Willem Dafoe startet am 28. November 2019 in den deutschen Kinos.
Glaubt ihr Robert Pattinson kann den Oscar gewinnen? Wer ist euer Favorit?