Was sind die wichtigsten Fragen, auf die ein Star Wars-Fan schon immer eine Antwort begehrt? Bei Disney waren dies offenbar die nach der Herkunft von Han Solos Namen und wie die Rebellen eigentlich an die Pläne des Todessterns gelangen konnten. Als der Mäusekonzern Ende 2015 mit gigantischem Erfolg die Sci-Fi-Reihe wieder zum Leben erweckte (Episode 7 knackte am Box Office die 2 Milliarden-Marke), sollte das Universum mit regelmäßigen Spin-off-Titeln erweitert werden.
Nach nur bei zwei dieser Star Wars Storys hat sich das Thema jetzt wieder erledigt, rückblickend ist das Spin-off-Konzept gescheitert. Bei Lucasfilm entstand seit der Übernahme durch Disney ein Regisseur-Verschleiß, den wir sonst nur von hanseatischen Fußballklubs und ihren Trainern kennen. Mit Ausnahme von Rian Johnson bei Star Wars 8: Die letzten Jedi mussten nach dem Episode 7-Erfolg nämlich sämtliche Oberhäupter früher oder später ihren Platz räumen. Der Grund eigentlich immer der Gleiche: kreative Differenzen.
- In unserem zweiteiligen Report ergründen wir die produktionstechnischen Probleme des Star Wars-Franchises, das seit 2012 zu Walt Disney gehört.
- Im ersten Artikel erfahrt ihr: Der neuen Star Wars-Trilogie fehlte von Anfang an ein Konzept
A Star Wars Story: Eine Story des Scheiterns
Neben der neuen Skywalker-Trilogie plante Disney, gleich mehrere Spin-offs nach und nach in die Kinos zu bringen. Bei Erwerb der Sternenkriegs-Lizenz im Herbst 2012 hieß es noch verheißungsvoll, dass sogar zwei bis drei Filme im Jahr erscheinen sollen. Und es folgten zwei, jedoch nur zwei Spin-offs insgesamt und deren Produktion verlief alles andere als sauber. Sowohl Rogue One: A Star Wars Story als auch das Han Solo-Prequel Solo: A Star Wars Story wurden neu gedreht, letzterer sogar fast vollständig.
Beim von Gareth Edwards inszenierten Rogue One: A Star Wars Story wurden massive Nachdrehs angeordnet, weil Lucasfilm von der ersten Schnittfassung alles andere als begeistert war. Auch hier setzte das Studio auf einen Veteran und ließ Tony Gilroy (Das Bourne Vermächtnis) das zu kentern drohende Produktionsschiff noch sicher in den Hafen schippern. Nur dass Edwards anders als bei Solo den Regie-Titel in den Credits am Ende behalten durfte. Auch die Zahlen sollten zu diesem Zeitpunkt noch passen.
- Rogue One hatte ein geschätztes Budget von 200 Millionen US-Dollar.
- Der Film erreichte ein weltweites Einspielergebnis von rund 1 Milliarde Dollar.
Die Kassen klingelten, aber die Resonanz wurde rauer. Kinogänger wunderten sich über einen Film, in dem ein Großteil der im Trailer gezeigten Szenen fehlte. Kritiken wurden laut, mit Rogue One würde das Franchise bereits erste Verschleißerscheinungen zeigen. Ungeachtet der immensen Kontroverse um den 2017 veröffentlichten Star Wars 8: Die letzten Jedi übernahm sich Lucasfilm kurze Zeit später mit dem Han-Solo-Spin-off dann komplett.
Der Solo-Flop: Ein einziges Fiasko
Lediglich wenige Monate nach Episode 8 landete schon wieder ein Star Wars-Ableger in den Kinos, das wurde selbst eingefleischten Fans zu viel. Doch bis zum Release war es ein steiniger Weg: Das eingespielte Regie-Duo der The Lego Movie-Macher Phil Lord und Chris Miller zerstritt sich bei Solo vor allem mit Co-Autor Lawrence Kasdan und begannen laut einem Bericht des Wall Street Journal , Szenen des Films angeblich eigenmächtig zu drehen, ohne sich an das Drehbuch zu halten.
Ganze 70% von Solo sollen schon abgedreht worden sein, als Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy im Sommer 2017 die Reißleine zog und die Regisseure vor die Tür setzte. Der erfahrene Ron Howard (Apollo 13) übernahm den Job und ließ fast den gesamten Titel neu filmen, ohne dass das Drehbuch je angepasst worden sei. Die Folge waren immense Ausgaben.
- Solo markiert mit einem Budget von 275 Millionen US-Dollar die teuerste Star Wars-Produktion überhaupt.
- Mit nur 392 Millionen Dollar Einnahmen ging der Film an den Kinokassen regelrecht baden.
Die Bilanz der Star Wars Storys: Zwei Geschichten, die wenig Neues zum Kanon hinzufügen sowie fast 1.5 Milliarden Dollar Einnahmen bei etwa einem Drittel davon als Produktionsbudget. Nehmen wir ungefähr ein weiteres Drittel als Marketing-Ausgaben, all den Stress und die Schlagzeilen hinzu, dürfen wir zweifeln, ob es all das wert war. Disney hat eine klare Antwort gefunden und sie lautet: Nein. Warum sonst wurden auch die geplanten Projekte wie Boba Fett und Obi Wan Kenobi eingestellt?
Allein das Spin-off zu Boba Fett ist eine Tragödie für sich. Für Fans ist der wortkarge Kopfgeldjäger trotz lächerlichem Abgang in Episode 6 einer der großartigsten Charaktere im Universum, ein eigener A Star Wars Story liegt da sehr nahe. Im November 2016 schrieb Entertainment Weekly über die konkreten Pläne bei Lucasfilm, diesen Film umzusetzen. Josh Trank stand bereits als Regisseur fest, doch typisch für ein Star Wars-Spin-off: Der junge Filmemacher flog nach seinem Fantastic Four-Debakel raus.
Sogar der Disney-Boss hat genug von Star Wars
Mittlerweile hat Lucasfilm keine Lust mehr auf skandalöse Spin-offs, die Star Wars Stoys sind seit dem Solo-Flop Geschichte. Ein klarer Kurswechsel, den Walt Disney hier vollzieht. Dass fünf Filme in vier Jahren vielleicht zur Übersättigung führen, räumte sogar der CEO des Mäusekonzerns Bob Iger im vergangenen Jahr ein. “Es war ein bisschen zu viel und zu schnell” sagt er zum Hollywood Reporter und verspricht eine Entschleunigung der Marke.
Diese Entschleunigung bedeutet nun im Klartext: Es kommen gar keine Star Wars-Filme mehr, zumindest nicht in den nächsten zwei Jahren, wie Kennedy kürzlich bestätigte. Der Fokus liegt stattdessen auf dem Streamingdienst Disney+ und Serien wie The Mandalorian. Auf der Leinwand dagegen herrscht Frieden in der Galaxis, doch davor gibt es ja noch das große Finale, The Rise of Skywalker. Und obwohl hier alles auf eine Versöhnung mit den Fans hindeutet, blieb bei der Entstehung von Episode 9 der große Knall nicht aus.
Auch hier gab es zum einen Streitigkeiten über die inhaltliche Ausrichtung, zum anderen sank das Vertrauen in Colin Trevorrow nach dessen von der Kritik verschmähten The Book of Henry. Während wir im ersten Teil unseres Reports genauer auf die Hintergründe zu Star Wars 9 eingehen, ergibt sich durch die Ablösung Trevorrows durch J.J. Abrams ein Gesamtbild: Star Wars und junge Regisseure, das funktioniert einfach nicht.
Zumindest funktioniert es nicht für Lucasfilm: Edwards, Trank, Lord, Miller, Trevorrow - sie alle sind Durchstarter in Hollywood, die neue kreative Ideen in eine alteingesessene Marke mit einbringen wollten und Lucasfilm und Disney haben ihnen vertraut. Jedoch nur für eine Weile, Johnson ausgenommen, entschieden sich die Produzenten stets für erfahrene Regisseure wie Ron Howard oder J.J. Abrams. Am Ende zählt nämlich nur der finanzielle Erfolg und wir wagen es kaum auszusprechen: Bei Star Wars versteht sich dieser nicht mehr von selbst.
Star Wars 9: The Rise of Skywalker startet bundesweit am 19.12.2019 in den Kinos.
Glaubt ihr, die Star Wars-Spin-offs waren wirklich nötig?