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Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude - oder?

15.11.2014 - 14:16 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Wie, das war's schon?
Tobis Film
Wie, das war's schon?
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Wer kennt dieses Gefühl nicht: man freut sich auf ein Ereignis schon seit Wochen oder Monaten, und dann ist es endlich soweit und man kann es gar nicht mehr abwarten. Sei es der eigene Geburtstag, das Wiedersehen mit einem alten Freund, den man schon Jahre nicht mehr gesehen hat, oder etwas ganz anderes. Denn unabhängig davon, welches dieser Ereignisse es sein mag - es sind immer gewisse Erwartungshaltungen damit verbunden. Keiner kann unvoreingenommen in diese Geschehnisse hineingehen und jeder erhofft sich demnach etwas davon. Und genau dieses Phänomen tritt auch in der Filmwelt auf.

Man sieht einen neuen Trailer, blickt gespannt auf den Bildschirm, ist sofort begeistert und merkt ihn sich auf 'moviepilot' vor. Oder man erfährt, dass sein Lieblingsregisseur dabei ist, ein neues 'Meisterwerk' zu drehen. Kennt jeder, oder? Doch was passiert, wenn genau diese Euphorie, diese hohen Erwartungen nicht erfüllt werden können?

Diese Erfahrung musste ich für mich persönlich leider schon des Öfteren machen und ich bin mir sicher, dass ich damit keine Ausnahme darstelle. Tatsache ist nämlich, dass dies kein Einzelfall sein kann. Wer zum Beispiel fast eine Dekade zurückdenkt, erinnert sich bestimmt noch an Sin City. Hochgelobt von allen Kritikern, geliebt und gefeiert von den meisten meiner MP-Freunde - einschließlich mir - gilt dieses Werk als eines der besten Comic-Adaptionen überhaupt. Wen wundert es da nicht, dass, nachdem bekannt wurde, dass ein Sequel kommen wird, ein irrsinniger Hype um diesen neuen Streifen entstand. Und konnte er diesem Druck standhalten? Nicht so wirklich. Sin City 2: A Dame to Kill For mag vielleicht nicht ganz so schlecht sein, wie er letztendlich gemacht wird - aber aufgrund der viel zu übertriebenen Erwartungshaltungen der Fans, gilt er als eine reine Enttäuschung und verdirbt einem die Lust auf den Film. Vorfreude auf einen Film kann also schön sein - muss sie aber nicht.

Ähnlich verhält es sich hier mit The Dark Knight Rises. Wer behauptet, dies sei ein schlechter Film, dem muss ich widersprechen. Er ist lediglich gemessen an seinem herausragenden Vorgänger The Dark Knight ein 'schlechterer' Film. Und genau mit diesen Vergleichen, die zwangsläufig aus den hervorgegangen Erwartungen resultieren, schaden wir den Filmen doch eigentlich nur, oder?

Auch wenn ich zum Beispiel im Vorfeld mitbekomme, ein Film habe 10 Oscar-Nominierung zu Buche stehen, trete ich mit einer gewissen Erwartungshaltung an den Film heran. So ging es mir nämlich mit American Hustle. Voller Vorfreude auf einen 'Ausnahmefilm', musste diese anfängliche Euphorie der Ernüchterung weichen. Was ich geboten bekam, war ein solides 'Darstellungskino', welches mich aber zu keiner Zeit packen bzw. fesseln konnte.

Es geht aber natürlich auch anders. Wenn ich zum Beispiel an meinen Kinobesuch von Interstellar zurückdenke, und mir überlege, wie aufgeregt und mit welcher Vorfreude ich dem Film entgegenfieberte, kann ich das nahezu nicht in Worte fassen. Aber hier wurde ich nicht enttäuscht, ich bekam das geboten, was ich erwartet hatte: packendes und unterhaltendes Blockbuster-Kino, welches komplexer zu sein versucht, als es letztendlich ist. Doch ich war mir darüber im Vorfeld bewusst und kann deshalb aus meiner Sicht behaupten, dass Christopher Nolan das abgeliefert hat, was er am besten kann und ich mir von ihm persönlich voller Vorfreude auch erhofft hatte.

Fast genauso befriedigt kam ich auch aus dem Kino, nachdem ich Guardians of the Galaxy angesehen hatte. Auch wenn ich diesen ganzen 'Marvel-Superhelden' bis dato wenig abgewinnen konnte, überzeugte mich oben genannter dann doch - und nicht zuletzt wegen des Hype hatte ich auch hier eine gewisse Erwartungshaltung, die mich dann doch mit Vorfreude auf den Film blicken ließ.

Doch wie geht man mit dieser schwierigen Situation in Zukunft um? Soll ich mich auch bei Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis wieder dem Wahn anschließen, und das nächste Meisterwerk erwarten, um dann nur wieder wie bei American Hustle enttäuscht zu werden? Oder schafft es Paul Thomas Anderson diesmal erneut mit Inherent Vice - Natürliche Mängel meine hohen Erwartungen zu übertreffen? Beantworten kann mir das wohl keiner, beschäftigen wird es mich dafür umso mehr.
Was ich für mich jetzt allerdings aus all diesen ganzen Erfahrungen versuche mitzunehmen, ist folgendes: Vorfreude ja - zu viel Vorfreude, die vor allem durch utopisch hohe Erwartungshaltung entsteht, nein. Man muss für sich einfach ein gesundes Mittelmaß finden, denn sonst läuft man schnell Gefahr, enttäuscht zu werden - und das will doch keiner.


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