Warum Silver Linings einen Oscar-Regen verdient

09.01.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Jennifer Lawrence und Bradley Cooper in Silver Linings
Ascot Elite
Jennifer Lawrence und Bradley Cooper in Silver Linings
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Seit fast einer Woche läuft hierzulande Silver Linings, eine Liebeskomödie, die mit Bradley Cooper, Jennifer Lawrence und Robert DeNiro überaus prominent besetzt ist und jeden Oscar verdient, den sie bekommen kann.

Es war Anfang November, die wöchentliche Redaktionssitzung näherte sich dem Ende, die einzige Frage, die noch offen blieb, war, wer zu welcher Pressevorführung geht. Das Feld neben Silver Linings war noch leer, ehrlich gesagt ist die Existenz dieses Films bis zu diesem Zeitpunkt spurlos an mir vorbeigegangen, dementsprechend niedrig war das Interesse meinerseits. Kurze Recherchen verdutzten mich dann doch etwas: Der neue Film von David O. Russell mit Jennifer Lawrence, Bradley Cooper und Robert De Niro? Wie konnte der unbemerkt an mir vorbeiziehen? Ich beschloss kurzerhand, ihn anzuschauen, ohne mich weiter zu informieren. Ich wusste also in keiner Weise, was mich erwartet, als ich es mir im Kinosessel gemütlich machte und die ersten Bilder von Silver Linings über die Leinwand flimmerten.

Darauf folgten zwei Stunden lang blanke Faszination, denn womit ich sicherlich nicht gerechnet hatte, war, dass es sich um eine der besten Komödien seit einer gefühlten Ewigkeit handeln würde. Aber fangen wir von vorne an: Silver Linings erzählt die Geschichte von Pat (Bradley Cooper), der aufgrund von psychischen Problemen ein Weilchen in einer Heilanstalt verbracht hat, nun aber unter bestimmten Auflagen wieder nach Hause darf. Pat hat ein Ziel vor Augen, für das er alles tun möchte – seine Ex-Frau Nikki zurückzuerobern. Das Problem ist jedoch, dass einer seiner Auflagen die ist, dass er sich ihr nicht nähern darf. Als er die ebenfalls psychisch angeschlagene Witwe Tiffany (Jennifer Lawrence) kennenlernt, vereinbart er mit ihr, dass sie ihm hilft, den Kontakt zu Nikki herzustellen, sofern er ihr bei einem Tanzturnier unter die Arme greift. Dabei bauen die beiden jedoch ebenfalls ein besonderes Verhältnis zueinander auf.

Auf ein paar Sätze reduziert wird die Handlung sicherlich niemanden laut nach einem Drehbuch-Oscar brüllen lassen und genau das ist es, was mich so sehr an Silver Linings fasziniert. Wie die Geschichte ausgeht, das war im Grunde genommen schon am Anfang des Filmes klar, ist aber vollkommen egal, weil wir es schlichtweg mit liebevollen Charakterzeichnungen zu tun haben, wie sie immer seltener Einzug ins Kino finden. Vor allem die Komödie hat in junger Vergangenheit häufig und stark gelitten, schienen sich Autoren doch immer weniger für ihre Figuren und immer mehr für den nächstbesten flachen Witz zu interessieren. In Silver Linings ist das anders.

Silver Linings porträtiert die Figuren so vielseitig und einfühlsam, dass es als Zuschauer ein Leichtes ist, sie zu mögen und sie zu verstehen, obwohl sie sicherlich nicht die alltäglichsten Charaktere sind. Doch so leichtfüßig und amüsant sich die Maskerade dem Zuschauer gibt, so intensiv brodelt die Tragödie hinter dem Vorhang der Komik. Wir als Publikum lachen herzhaft über die hervorragend geschriebenen Dialoge und die Situationskomik, doch die Figuren sind allesamt nicht wirklich glücklich. Sei es nun Pat, der scheinbar unsterblich in seine Ex-Frau verliebt ist, aber kaum Chancen hat, sie wieder zu bekommen oder Tiffany, die seit dem Tod ihres Mannes versucht, die Leere in ihrem Leben zu füllen, dabei selbst aber nur Enttäuschungen und Lieblosigkeit erfährt. Währenddessen sorgt sich Pats Vater Patrick (Robert DeNiro) darum, wie er wieder ein gutes Verhältnis zu seinem Sohn aufbauen kann, welcher jedoch nicht wirklich Interesse daran hat. Ein besser geschriebenes, adaptiertes Drehbuch hat es im vergangenen Kinojahr schlichtweg nicht gegeben, eine Oscar-Auszeichnung in dieser Kategorie ist nicht nur angebracht, sondern dringend notwendig.

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Figuren können natürlich noch so gut geschrieben sein, ohne die entsprechend fähigen Darsteller bleibt es brotlose Kunst. Da haben David O. Russell und sein Casting-Department jedoch ganze Arbeit geleistet, denn sowohl Bradley Cooper, als auch Jennifer Lawrence liefern jeweils die Performance ihrer (noch jungen) Karriere ab. Rückblickend wird erst besonders deutlich, wie unterfordert die beiden in ihren bisherigen Mainstream-Rollen waren, so problemlos mimen sie ihre vielschichtigen Charaktere. Oscar-Auszeichnungen für das ungezwungene wie authentische Spiel der beiden wären sicherlich wünschenswert und verdient, erscheint aber mit Hinblick auf die harte Konkurrenz dieses Jahr eher unwahrscheinlich. Sorgen machen müssen sie sich jedoch bei weitem nicht, denn eine ganz große Karriere ist vor allem für Bradley Cooper mit Silver Linings ein für alle Mal in Stein gemeißelt.

Was bleibt noch mehr zu diesem umwerfenden Film zu sagen? Morgen werden die Oscar-Nominierungen bekanntgegeben, dann werden wir ein Stück schlauer sein. Silver Linings darf sich mit Sicherheit in sämtlichen wichtigen Kategorien von Beste Regie über Beste/r Schauspieler/in und Bester Film seine Chancen ausrechnen, eine Nominierung für das Beste adaptierte Drehbuch sollte aber außer Frage stehen, sofern sich die Academy nicht vollkommen lächerlich machen möchte.

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