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Wenn das innere Kind den Zynismus besiegt

11.11.2017 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Jugend ohne Gott
Constantin
Jugend ohne Gott
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Dieser Artikel ist ein Community-Beitrag, der im Rahmen unseres Schreibwettbewerbs Mein liebster Kinomoment entstanden ist.

Es läge vielleicht nahe, für den liebsten Kinomoment ein Erlebnis aus Kindheit oder Jugend zu wählen, als es noch viele erste Male gab, alles größer erschien und man leichter zu beeindrucken und zu begeistern war. Aber Fakt ist leider, dass meine Erinnerungen daran viel zu spärlich sind, um eine Geschichte darüber zu erzählen, die nicht größtenteils aus Phantasie und Schneegestöber besteht. Also ein Erlebnis aus jüngerer Zeit - und sind diese besonderen Momente nicht später im Leben sogar wertvoller, weil viel schwerer zu erreichen und seltener?

Schon seit Jahren habe ich mir angewöhnt, eine analytische bis zynische Distanz zu wahren. Zu viele Enttäuschungen kamen im Lauf der Zeit zusammen - Franchises, die sich in eine unerfreuliche Richtung entwickelten, ehemals verehrte Bands, deren künstlerische Entwicklung den Bach runterging. Indem man nichts Großes mehr erwartet und nichts mehr an sich heranlässt, kann man sich vor diesem Frust schützen. Es kann ganz angenehm sein, sich in einer solchen erwachsenen Abgeklärtheit einzurichten. Die Kehrseite ist allerdings, dass neben den frustrierenden Tiefen auch die euphorischen Höhen wegfallen. Und manchmal fragt man sich, ob es das wirklich wert ist.

Gelegentlich passiert es dann, dass sich ein Film hinter die aufgebauten Schutzmauern schleicht und mitten ins Herz trifft. Ich durfte so einen Moment in diesem Jahr mit "Jugend ohne Gott" erleben.

Jugend ohne Gott

Schon im Vorfeld wundere ich mich über mich selbst. Wieder und wieder sehe ich mir den Trailer an und finde mich im Internet auf der Suche nach Informationen, Bildern, ersten Kritiken, hin- und hergerissen zwischen Nicht-Abwarten-Können und Angst vor Spoilern. Ein solches Hinfiebern habe ich lange Zeit nur noch bei anderen beobachtet, irgendwie befremdet und mich fragend, ob ich dazu je fähig war. Aber in diesem Fall könnte ich es nicht verhindern, selbst wenn ich es wollte: Vorfreude und Erwartungen klettern himmelhoch.

Die Planung des Kinobesuches ist dann mit einigem Stress verbunden: Es ist zu befürchten, dass die Spielzeit in meinen üblicherweise besuchten Kinos genau in meinen Urlaub fallen wird. Da es überhaupt nicht in Frage kommt, den Film auf der großen Leinwand zu verpassen, nehme ich schließlich in Kauf, für "Jugend ohne Gott" ein Kino zu besuchen, das ich üblicherweise meide. (Etwas später darf ich ihn aber glücklicherweise doch noch in meinem Stammkino sehen.)

Und dann sitze ich also endlich im Kino, Werbung und Trailer sind vorbei, der Film beginnt. Ich bin einerseits voller aufgeregter Vorfreude und Hoffnung, andererseits aber auch voller Angst, dass die hochgesteckten Erwartungen enttäuscht werden und die zynische Distanz sich doch als der bessere Weg herausstellt.

Jugend ohne Gott

Knapp zwei Stunden später läuft der Abspann und ich weiß, dass sich das Wagnis der Hoffnung gelohnt hat: "Jugend ohne Gott" ist für mich ein ganz besonderer Film. Ich spüre einerseits Tränen in meinen Augen, andererseits ein seliges Lächeln auf meinen Lippen. Ich bin beeindruckt, bewegt und überwältigt von dem, was da gerade passiert ist - auf der Leinwand und in mir.

Hier zu analysieren, warum und weshalb, würde meine Geschichte ad absurdum führen. Und es spielt auch keine Rolle. Von Bedeutung ist nur, was mir der Film geben konnte: Die Gewissheit, dass irgendwo da drin noch das Kind ist, das vorbehaltlos einfach nur überglücklich darüber sein kann, was es erleben durfte. Und das will ich jetzt nicht so schnell wieder vergessen!

Danke, Kino!

***

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Sponsoren. Hier erfährst du alles zum Prozedere des Schreibwettbewerbs und den Preisen. Eine Übersicht aller Texte des Schreibwettbewerbs findest du hier.

Denk daran: Stimme ab für Deutschlands Lieblingskino 2017!

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