James Bond ist in den Augen einiger Fans inzwischen ein rechtes Sorgenkind. Ich als eingefleischte Bond-Nostalgikerin bin froh, dass der Ton der Filme gerade wieder in Richtung des klassischen Schemas geht und habe Spectre sehr genossen. Manche haben das Franchise inzwischen jedoch aufgegeben. Keine neuen Ideen, kein zeitgemäßes Konzept mehr mit der heutigen Technologie. Für jeden, der nach Neuem schreit, bringe ich hier eine Idee vor: Eine Art der Entlastung für das Hauptfranchise wäre clever. Und die Lösung dazu ist schon längst gedruckt.
Früher Fleming, warum jetzt nicht Higson?
Es gäbe da nämlich die Young Bond-Buchreihe von Charlie Higson und Steve Cole. Diese Buchreihe umfasst inzwischen acht Bände, die guter Stoff für Drehbücher wären. Sie wurden von Ian Flemings Firma Ian Fleming Publications unterstützt und hatten damit den entsprechenden Copyright-Segen. Die ersten Bände wurden von Charlie Higson verfasst und umfassen die Bücher Stille Wasser sind tödlich , Zurück kommt nur der Tod , Golden Boy , Reden ist Silber, Schweigen ist tödlich und Der Tod kennt kein Morgen . Nach einer längeren Pause folgten die nicht mehr in Deutschland veröffentlichten Bände von Steve Cole, die ich persönlich noch nicht sichten konnte. Was ich als absoluter Bond-Fan aber behaupte: Charlie Higsons Bücher wären eine vielversprechende Grundlage für das vielleicht erste ernstgemeinte Bond-Spin-off im Kino. Der Superspion ist ohnehin ursprünglich eine Romanfigur, warum also nicht erneut an richtig guten Büchern orientieren?
Warum Bonds Vergangenheit eine Verfilmung wert ist
Die Geschichten der Buchreihe drehen sich - natürlich - um den jungen James Bond. Nämlich zu der Zeit, als er das Eton-College besuchte und sich die Hörner noch mit Schulkameraden abstieß. Naja, mehr oder weniger. Denn da kommt schon mein erster Grund für die Verfilmung: Die Romane fühlen sich trotz des jungen Protagonisten zu 100 Prozent an wie James Bond zu seinen besten Zeiten. Das liegt vor allem daran, dass Higsons Erzählweise sehr an die Sean Connery- und Roger Moore-Filme erinnert. Stellt euch einen Wettlauf gegen die Zeit zwischen Russland und England um eine technische Neuerung vor, die den kommenden Krieg entscheiden könnte. Einen verschlüsselten Brief, der der einzige Hinweis auf den Aufenthaltsort des verschwundenen Wissenschaftlers Alan Turing ist. Und mittendrin der junge James. Darum geht es beispielsweise im dritten Band. Klingt nach vertrautem Schema, oder? Die Geschichten haben alles, was Bond braucht: Verschwörungen, Verfolgungsjagden, exotische Schauplätzen, ein Auto der Marke Bamford and Martin (heute nennt man sie Aston Martin) und natürlich Bonds Charme. Zudem sind die Bücher alles andere als verharmlost. Sie können mit der Härte eines erwachsenen Bonds durchaus mithalten.
Grund zwei: Die Young Bond Reihe wartet mit Bösewichten auf, wie ich sie in den letzten Filmen (außer Skyfall, Applaus für Javier Bardem!) vermisst habe. Besonders der Antagonist im vierten Band geht mit gutem Beispiel voran. El Oracan heißt der Herr über eine Insel bei Mexiko, auf der Verbrecher Zuflucht vor den Behörden finden. Jedenfalls solange sie zahlen können. Oracan lässt denen, die nicht mehr liquide sind, die Wahl: Sie können als Arbeitskräfte bleiben oder die Insel verlassen. Letztere Option hat den Haken, dass sie den Weg in die Freiheit durch ein sehr tödliches Labyrinth finden müssen. Der grausame, charismatische Herrscher ist eine Rolle, die ich mir durchaus für jemanden wie Robert Davi aus Lizenz zum Töten vorstellen könnte.
Der letzte, vielleicht entscheidende Grund für einen Young Bond-Film: Das Setting bezieht sich auf die Jugend des Fleming-Bonds, spielt also in den 30er Jahren. Das bietet einerseits einen angenehm nostalgischen Hintergrund mit fantastischen Settings, schönen alten Autos und Waffen. Und andererseits gibt diese Zeit Bond wieder eine Daseinsberechtigung, die ihm manche in der heutigen Zeit absprechen wollen: Zwischen erstem und zweitem Weltkrieg waren Spione noch eine wirklich wichtige Instanz und konnten nicht durch Drohnen ersetzt werden. In Ermangelung des Internets war noch richtige Laufarbeit nötig, um etwas herauszufinden. Wie in den 60ern sind wieder gute alte Spionagemethoden angesagt.
Ein paar Wünsche
Als der erste Band der Reihe erschien, meinte Charlie Higson, eine Verfilmung sei nicht ausgeschlossen, man wolle aber noch auf weitere Bücher warten. Seither ist es völlig still um diese Idee geworden. In meiner fiktiven Welt, in der gerade ein Young-Bond-Film gedreht wird, gibt es natürlich einige Posten zu befüllen. Wichtigste Frage: Wer spielt den jungen Bond? Gute Frage. Denn der Kandidat muss einige Kriterien erfüllen. Er muss britisch sein. Er sollte den Charme eines James Bonds trotz des jungen Alters verkörpern können. Und vor allem muss er jung genug sein, um einen Fünfzehn- oder Sechzehnjährigen überzeugend darzustellen. Zugleich sollte er nicht zu bübchenhaft wirken, denn Bond hatte damals schon den Tod seiner Eltern und einige harte Jahre mitgemacht.
Wen ich mir gut vorstellen könnte wäre Freddie Highmore, der gerade vom putzigen Jünglein zum toughen jungen Mann avanciert. Wäre da nicht ein Konflikt mit seiner aktuellen Rolle in Kingsman: The Secret Service, wäre Taron Egerton auch eine mögliche Alternative. Im Regiestuhl hätte ich ja wahnsinnig gerne noch einmal Sam Mendes. Insgesamt ist für alle möglichen Beteiligten aber Priorität Nummer 1: Macht es richtig. Macht keinen weiteren Teenager-Film, der alle unterwältigt wie Maze Runner. Verniedlicht die Reihe nicht, macht sie so düster, wie sie ist. Traut euch, erwachsen zu sein, auch wenn "Kinderbuch" drauf steht. Denn das sind die Bücher nicht. Macht Bond draus!
Wie denkt ihr über diese Idee eines jungen James Bonds?