Wie Universal das wichtigste Filmstudio 2015 wurde

19.08.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
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Ganz ohne Comic-Superhelden ist Universal zum erfolgreichsten US-Filmstudio des Jahres aufgestiegen. Das hat nicht nur mit Blockbustern wie Jurassic World oder Fast & Furious 7, sondern auch mit der Geschichte des Unternehmens selbst zu tun.

Mit einem Wochenendeinspielergebnis von über 60 Millionen Dollar ist das biographische Musikdrama Straight Outta Compton der jüngste Überraschungshit des Filmstudios Universal. Seit Monaten schon halten dessen Produktionen unterschiedlichster Größenordnung und Ausrichtung das US-amerikanische Box Office in Schach: Fifty Shades of Grey, Pitch Perfect 2 und das Soloabenteuer der Minions sicherten sich mühelos den ersten Platz der Kinocharts; Jurassic World und Fast & Furious 7 wiederum führten sie zusammengenommen gleich ganze sechs Wochen lang an. Diese fünf der in den USA bislang zehn erfolgreichsten Filme des Jahres genügen, um bereits jetzt eine beispiellose Bilanz ziehen zu können.

Zwei Milliarden Dollar setzte Universal am heimischen Kinomarkt um, weltweit sind es sogar über fünfeinhalb Milliarden – so viel wie noch kein Studio zuvor. Das muntere Rekordbrechen (in a nutshell ) lässt Box-Office-Analysten dabei staunend zurück. Noch Anfang des Jahres einigten sie sich auf Disney – Verwalter profitabler Marken wie Marvel, Pixar und Lucasfilm – als wahrscheinlich erfolgreichsten Studioriesen 2015. Selbst der sicherlich gigantische Erfolg von Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht wird Universal die Spitzenposition aller Voraussicht nach nicht mehr streitig machen können.

Mehr: Das Kinojahr 2015 wird das erfolgreichste aller Zeiten

Nun mögen derartige Rechenspiele vielleicht nicht sonderlich spannend sein (zumindest sind sie ohnehin immer mit gewissen Einschränkungen verbunden: inflationsbereinigt sähen viele dieser Zahlenwettkämpfe jedenfalls noch einmal deutlich anders aus). Und möglicherweise schießen die manchmal sehr argen Kategorisierungen ("erfolgreichster Start eines R-Rated-Films im August aller Zeiten!") dabei auch übers Ziel hinaus (das, so glaube ich, dem in Besucherzahlen gemessenen Bedeutungsverlust des Kinos eben mit stolzen Rekorden entgegenzuwirken versucht).

Nichtsdestotrotz aber setzt Universals diesjähriger Siegeszug über Hollywood hochinteressante Markierungen. Seit jeher gilt das Tochterunternehmen des Medienkonzerns NBC Universal (der zum weltweit größten Kabelnetzbetreiber Comcast gehört) als eine Art Underdog im post-klassischen US-Studiosystem – was einerseits mit seiner Geschichte, besonders aber den noch mal wesentlich mächtigeren Erben anderer Major-Studios und deren Konzernverschlingungen zu tun hat. Im Machtgefüge der sogenannten "Big Six" sorgt Universal nun für einige unerwartete Verschiebungen.

Diese großen sechs Filmproduktionsgesellschaften teilen sich jährlich zwischen 80 und 85 Prozent der nordamerikanischen Kinoeinnahmen. Neben Universal zählen dazu der bisher unangefochtene Marktführer Warner Bros. (Time Warner) und die bestens aufgestellte Walt Disney Company – sowie ferner Columbia (Sony), 20th Century Fox (21st Century Fox) und Paramount (Viacom). In der Zeit des Golden Age of Hollywood allerdings, jener vielleicht kreativsten Phase des US-Kinos, die das Studiosystem von den späten 1920ern bis in die mittleren 1940er-Jahre beschreibt, war das hiesige filmindustrielle Machtverhältnis noch einmal wesentlich ausdifferenzierter (will heißen: unverrückbarer).

Den Ton gaben in Hollywood seinerzeit MGM, Warner, Fox, Paramount und das 1955 eingestellte Studio RKO an (genannt "Big Five"), während man die nicht oder nur zum Teil über eigene Kinoketten und Vertriebswege verfügenden Mini-Majors Universal, Columbia und United Artists als "Little Three" bezeichnete (Randnotiz: Die Walt Disney Studios galten damals noch als unabhängiges, wenngleich einflussreiches Unternehmen, dessen Filme von RKO vermarktet wurden). Universal – 1912 vom deutschen Emigranten Carl Laemmle gegründet – richtete sich in der Mini-Major-Nische komfortabel, aber auch ziemlich klar auf einer Außenseiterposition ein.

Zwar gewann die Universal-Produktion Im Westen nichts Neues 1930 einen Oscar als Bester Film (was dem Studio erst über 40 Jahre später wieder gelingen sollte), überwiegend aber konzentrierte sich das Familienunternehmen auf kostengünstig produzierte B-Movies. Auch Stars baute der Universal-Chef nur wenige auf, bekannte Namen lieh sich Laemmle oft bei anderen Studios (einer von seinen wenigen Stars war Lon Chaney, "der Mann mit den 1000 Gesichtern").

Große Erfolge feierte Universal daher mit Kinoadaptionen berühmter Schauerromane, deren Zugpferde die Stoffe selbst waren: Das Phantom der Oper, Dracula oder Frankenstein. Mit serials außerdem, preiswerten Western und Melodramen. Und insbesondere mit immer wiederkehrenden Helden und Nicht-Helden: Dead End Kids , Little Tough Guys  oder zu Publikumslieblingen gewordene Monster, die das Studio in einer frühen Art des franchise building zu hauseigenen Marken heranzog. Später produzierte Universal viele von Jack Arnold inszenierte Science-Fiction-Horrorfilme, ehe es sich in den 1970er-Jahren vor allem aufs Fernsehen konzentrierte, wo man einem jungen unbekannten Filmstudenten namens Steven Spielberg die Regie zu mehreren kleinen TV-Projekten anvertraute.

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