Nachdem die vorangegangene Folge von Breaking Bad überraschend ruhig ausgefallen ist, war es abzusehen, dass es diese Woche umso turbulenter zugehen wird. Confessions erfüllt die Erwartungen problemlos: So viel Drama, Action und nicht zuletzt Spaß hat es schon länger nicht mehr gegeben.
Was ist passiert?
Nachdem Jesse (Aaron Paul) sich in keiner Weise von Hank (Dean Norris) im Verhör weichkochen lässt, überredet Walter (Bryan Cranston) ihn, sich eine neue Identität weit weit weg von Albuquerque zuzulegen und ein neues Leben anzufangen. Walts Plan läuft so lange gut, bis sich Jesse in einem Moment der Klarheit plötzlich die Umstände der fast vergessenen Rizin-Zigarette offenbaren. Daraus resultiert eine blutige Nase für Saul (Bob Odenkirk) und ein Benzin-übergossenes Haus für Walt. Letzterer hat im Kampf gegen Hank erneut einen ziemlich bösen, wenn auch cleveren Schachzug unternommen: Nachdem Hank und Marie (Betsy Brandt) im Gespräch mit Walt und Skyler (Anna Gunn) keine Anstalten machten, sich Heisenbergs Willen zu Fügen, bekamen sie von Walt eine CD zugeschoben. Der Inhalt? Ein Geständnis des Chemielehrers Walter White, der von seinem Schwager Hank gezwungen wurde, Crystal Meth in Massen zu kochen. Über diesen Weg erfährt Hank auch, dass seine medizinische Behandlung von dem Drogengeld finanziert wurde. Das sieht gar nicht gut aus.
I am not in danger!
Confessions zeigt über die gesamte Laufzeit deutlich, wie sehr Walter es genießt, mit pathetischen und/oder durch und durch aus Lügen bestehenden Monologen seine Mitmenschen zu beeinflussen und sie seinem Willen entsprechend zu beugen. Angefangen mit seinem eigenen Sohn, dem er eine mitleiderregende Mustervater-Ansprache hält, um zu verhindern, dass dieser zu Hank geht. Eine ähnliche Rolle nimmt er in der Wüste auch Jesse gegenüber ein, wenn er ihm väterlich auf die Schulter klopft und ihm rät, sich ein neues Leben aufzubauen. Er sei ja noch so verdammt jung, dass er immer noch eine Familie gründen könne. Sein wiederliches Lügengerüst hält er auch aufrecht, nachdem Jesse dahinter geblickt hat und ihm seine offensichtliche Intention um die Ohren schlägt. “Just ask me for a favor! Just tell me you need this!”. Anstatt Jesse aber endlich die Ehrlichkeit entgegenzubringen, die er verdient, nimmt er den am Boden zerstörten Jungen schweigend in den Arm, um ihn fast schon voller Spott vorzugaukeln, dass er ihm tatsächlich etwas bedeuten würde.
Der Gipfel der Unverschämtheit dürfte dann jedoch das “Geständnis” sein, das Walter vor seiner Kamera abgelegt hat. Eine unfassbar intensive Szene, die uns Zuschauer im Handumdrehen an Hanks Gefühlsleben teilhaben lässt: Wir wissen ebenso wenig wie er, was genau Walt in dem Video gesteht und der Schock lässt uns ebenso mit offenen, von Händen bedeckten Mündern vor dem Bildschirm sitzen. Die Skrupellosigkeit, mit der Walt hier in einer tränenreichen Performance Schuld und Unschuld vertauscht, schafft es tatsächlich uns moralische Abgründe von Walters Persönlichkeit zu zeigen, die schwärzer sind als alles, was wir bislang von ihm kennengelernt haben. Dieser Mann ist der Teufel, der keine Gelegenheit auslässt, uns mehr Gründe zu geben, ihn zu hassen.
Es ist jedoch keineswegs so, dass er seine Wandlung zu dem kühlen, alles kalkulierenden, abgebrühten und abgrundtief bösen Heisenberg vollkommen vollzogen hat. So wirkt er zwar bei seinem Geständnis, bei dem Gespräch mit seinem Sohn, dem mit Jesse und auch dem wundervollen Tag-Team-Standoff im mexikanischen Restaurant. Doch sobald er seine großen Reden nicht vorbereiten kann und etwas unerwartetes passiert, ist er wieder der unsichere Familienvater. Das hat sich schon in der Episode Buried gezeigt, als er nach dem eiskalten Duell mit Hank plötzlich panisch und voller Angst Skyler erreichen wollte. Dieses Mal ist es Jesses Ausraster, der Walt nahezu stümperhaft aussehen lässt: Als er die Feuerwaffe aus dem Getränkeautomaten holen möchte, wird Skyler mit so halbherzigen Lügen abgespeißt, dass sich uns unweigerlich die Frage stellt, wann sie ihm endlich mit der Faust zwischen die Zähne fährt. Apropos Skyler: Kann es sein, dass sie sich wieder langsam von Walt distanziert? Sie gibt ihren Kunden versehentlich zu viel Wechselgeld zurück, als wolle sie das ganze Geld nur noch so schnell wie möglich loswerden; und auch das Gespräch im Büro, in dem Skyler in Licht getaucht am Schreibtisch sitzt und Walt von Schatten verhüllt dahinter steht, machte nicht gerade den Eindruck, als halten die beiden bis zum bitteren Ende zusammen, sondern dass sie immer noch Angst vor ihrem Ehemann hat.
Heisenberg auf den Fersen
Das hat sich Hank wohl anders vorgestellt. Walter zeigt ihm deutlich, was er meinte, als er ihn am Ende der neunten Episode den Rat gab, sich ruhig zu verhalten. Das Video ist nämlich sicher kein direkter Angriff gegen Hank, sondern viel mehr die bloße Ausstellung von Walts Fähigkeiten – eine Versicherung, dass Hank sich genau so verhalten wird, wie Walt es gerne hätte. Wie sehr Hank und sein großes Ego darunter leiden, können wir uns nur grob vorstellen. Immerhin hat der Mann, der stets so ambitioniert und ehrgeizig den Drogenkrieg geführt hat, aus heiterem Himmel erfahren, dass seine Gesundheit von eben diesen Drogen finanziert wurde. Seine Reaktion darauf ist durchaus besorgniserregend: “This is the last nail in the coffin”. Das klingt nicht nach dem Hank, der vor gar nicht allzu langer Zeit felsenfest davon überzeugt war, dass er Heisenberg unter allen Umständen hinter Gittern bringen wird. Das klingt momentan fast schon nach jemanden, der sich damit abgefunden hat, sich in die lange Liste von Menschen einzureihen, die Walter gebrochen hat.