Wir schauen Breaking Bad - Staffel 5, Folge 15

25.09.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Granite State
AMC
Granite State
80
17
Das Halbfinale der aktuell wohl am meisten diskutierten Serie ist gelaufen und lässt uns mal wieder mit geöffneter Kinnlade den schwarzen Bildschirm anstarren. Verarbeiten können wir das Ganze aber zum Glück wieder gemeinsam.

Das Ende ist zum Greifen nah: Mit Granite State haben Vince Gilligan und sein Team alle Komponente von Breaking Bad zurecht gerückt, um sie endgültig auf ihr Ende zusteuern zu lassen. Dabei demaskiert er kurzerhand seinen Protagonisten mit solch einer Ruhe, dass mich die alleinige Vorstellung an den finalen Sturm zum Zittern bringt.

Was ist passiert?
Walter (Bryan Cranston) lässt sich vom Vacuum-Cleaner eine neue Identität in einem neuen Ort besorgen und endet somit in einer kleinen, von der Außenwelt abgeschnittenen Hütte irgendwo im schneereichen New Hampshire. Während er dort nach und nach aus Langeweile und Einsamkeit zu Grunde geht, haben die anderen mit allerhand Problemen zu kämpfen. Jesse (Aaron Paul) schafft es zwar irgendwie, aus Todds (Jesse Plemons) Methkerker zu entkommen, wird aber kurz darauf geschnappt. Um ihn wieder zum Kochen zu zwingen, exekutieren die Nazis Andrea (Emily Rios) mit der Warnung an Jesse, dass das selbe auch ihrem Sohn passieren kann. Ähnliche harte Drohungen ereilen auch Skyler (Anna Gunn): Falls sie der Polizei irgendetwas über Lydia (Laura Fraser) verraten sollte, werden ihrer Tochter unschöne Dinge widerfahren. Einige Monate später wird Walt in einem Telefonat mit seinem Sohn endgültig klar, dass er seine Familie verloren hat und ruft deshalb die DEA. Doch dann kommt doch noch etwas dazwischen: In einem Fernsehinterview geben seine ehemaligen Partner Gretchen und Elliott an, dass Walter White im Grunde Nichts zu dem Erfolg ihrer Firma beigetragen hat, was Heisenberg natürlich nicht kalt lässt. Die DEA stürmt in die Bar, wo er seinen vermeintlich letzten Drink genossen hat – doch Walter ist nicht mehr zu finden.

Jaja, nur für die Familie. In Granite State lässt der große Heisenberg endgültig seine Hüllen fallen und zeigt sich von seiner machthungrigsten Seite. Bis es soweit gekommen war, bedurfte es jedoch einer ganzen Menge harter Backpfeifen der Realität. Gleich zu Beginn der Episode versucht Walt in einem Dialog mit Saul (Bob Odenkirk), seine einstige Machtposition wiederaufzunehmen: Im strengen Tonfall befiehlt er Saul, mit ihm zu kommen, um einen Gegenschlag auf die Nazis zu planen. Natürlich nur, weil sie ein Familienmitglied getötet haben (…und seine 70 Millionen Dollar horten…). Sein Anwalt reagiert jedoch nicht gerade eingeschüchtert; It’s over winkt er fast schon genervt ab, nur um den ehemals größten und gefährlichsten Kingpin überhaupt kurz darauf unter Husten zusammensacken zu sehen. Heisenbergs Zeit ist wahrlich vorbei, was er selbst jedoch noch nicht so richtig bemerkt hat. Walt redet mit den Leuten in seinem Umfeld immer noch so, als wäre sein Status der selbe geblieben. Besonders traurig wird sein Selbstvertrauen, mit Geld und Macht alles lösen zu können, dargestellt, als er dem Vacuum-Cleaner, der ihm im Exil hin und wieder Zeitungen und Lebensmittel vorbei bringt, 10.000 Dollar anbietet, damit er zwei Stunden länger bleibt. ONE hour erwidert dieser staubtrocken, ohne Walts Einverständnis abzuwarten. Muss er auch gar nicht.

Walt dürfte vor allem in den letzten Episoden eine eigentlich simple Lektion endlich verstanden haben. Geld ist nichts wert, wenn es nichts zu kaufen gibt. Er sitzt auf seinem acht-stelligen Vermögen im Niemandsland und kann niemanden mehr benutzen. Seine Lügenparade ist gelaufen, das Repertoire seiner menschlichen Werkzeuge hat sich in Luft aufgelöst und wie es aussieht, wird er in Verachtung sterben, ohne der Nachwelt etwas hinterlassen zu haben. Doch bevor er endgültig resigniert, klammert er sich an einen letzten Strohhalm: Flynn. Er ist seine letzte Chance, etwas tun zu können, in irgendeiner Weise zu demonstrieren, was er geschafft hat und wozu er in der Lage ist. Doch auch sein Sohn zeigt ihm die kalte Schulter und treibt Walt endgültig so weit, dass er aufgibt. Würde Breaking Bad an dieser Stelle enden, würde Walter tatsächlich als der Mann von der Bühne treten, der immer behauptet hat zu sein. Ein Mann, der sich nur um seine Familie sorgt und all die schlimmen Sachen nur für eben jene getan hat. Doch Breaking Bad wäre nicht Breaking Bad, wenn es seinem Protagonisten diesen heroischen Abgang gönnen würde. Stattdessen findet Walter zu dem Teil seiner Persönlichkeit zurück, der ihm wirklich zu Heisenberg gemacht hat und es jetzt wieder tut: Stolz. Dass Gretchen und Elliot Walters Einfluss und Können dermaßen herunterspielen, scheint ihn mehr zu kränken, als die Tatsache, dass sein eigener Sohn ihm eine Minute zuvor den Tod gewünscht hat. Dass Gilligan Heisenbergs Innere so offen legt ist natürlich nicht sonderlich überraschend, aber dennoch bemerkenswert direkt und unverblümt.

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