American Gods - Unser Recap zu Staffel 1, Folge 8: Das Finale

20.06.2017 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Come to JesusStarz
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American Gods trommelt für das Staffelfinale ein paar Götter zusammen. Außerdem erfahren wir endlich, wie Bilquis von der Göttin der Orgien zur Obdachlosen werden konnte.
American Gods hat nie einen Hehl darum gemacht, ein Epos erzählen zu wollen, das sich nicht einmal ansatzweise in acht Episoden pressen lässt. Der zentrale Handlungsstrang ging, wenn überhaupt, nur sehr langsam voran, vermeintlich unwichtige Nebengeschichten um Götter und ihre Anhänger bekamen mehr Platz, als sich die meisten Showrunner neben Bryan Fuller und Michael Green trauen würden. Diese Herangehensweise ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits konnte so die Möglichkeit genutzt werden, die Diversität der Gottheiten und ihr Verhältnis zu den Menschen, beziehungsweise den USA, ausgiebig erforscht werden. Andererseits fühlt sich diese 1. Staffel an wie ein langer Auftakt für eine Geschichte, die erst ab der nächsten Episode richtig in Fahrt kommt. Gewissermaßen ist es so, wie Mr. Nancy (Orlando Jones) seine Geschichte am Anfang der Folge einleitet: "Once upon a time—see? It sounds good already. You’re hooked."

Ja, wir haben angebissen. Und jetzt weiter, bitte.

Das kann man Bryan Fuller auch zu Gute halten. Trotz seiner langen Vergangenheit mit frühzeitig abgebrochenen Serien (Pushing Daisies, Hannibal) versucht American Gods nicht einmal, den Plot nach der 1. Staffel abzurunden, endet stattdessen mit einem Cliffhanger, der - im Gegensatz zu beispielsweise Hannibal - ohne Fortsetzung nicht funktioniert. Der Plan ist aufgegangen, es wird eine 2. Staffel geben, aber selbstverständlich ist das nicht. Vor allem nicht bei einer Serie, die ihre Zuschauer in einer kruden Mischung aus Gewalt, Sex und Vulgarismus über weite Strecken durchs Dunkle tappen lässt.

Disco Bilquis

Come to Jesus führt uns zurück zu Bilquis (Yetide Badaki), die bislang eher von Kontext befreit dank ihrer Einverleibungstechnik über die Vagina für den ein oder anderen Was?-Moment sorgen durfte. Nun bekommt sie ihre eigene Geschichte, genauso traurig wie die aller anderen alten Gottheiten auch, wenn nicht sogar noch trauriger: Ihr Weg von der afrikanischer Göttin bis hin zur amerikanischer Obdachlosen war kein schleichender, wie in den meisten anderen Fällen. Nach Jahrhunderte langer Herrschaft war sie noch in den 1970er Jahren die Queen auf dem Dancefloor, die Sexgöttin in Schlaghose, ebenso unwiderstehlich wie unnahbar. Den Männern hat das noch nie gepasst, sie sahen sich selbst als die Könige. Erst in den 70ern hat ihre Wut jedoch ausgereicht um wirklich etwas zu unternehmen. Tatsächlich: "Anger gets shit done". Die Männer entreißen ihr den Status und machen sie über Nacht zu einer in Armut versunkenen Randerscheinung der Großstadt, gerademal als Logo eines billigen äthiopischen Restaurants zu gebrauchen. Ein ähnliches Schicksal erlitt zwar auch Czernobog, der wusste aber wenigstens noch, dass er ein Gott ist. Bilquis hat selbst das vergessen.

Es ist nicht nur die Geschichte vom Fall einer Gottheit, die Bryan Fuller und Michael Green hier erzählen. Nicht umsonst ist der Wendepunkt ihrer Position als sexuell selbstbestimmte Frau auf das Ende der 70er Jahre angesetzt. In den letzten Zügen einer irgendwann um 1968 geborenen Friedensbewegung, die sich auch die Revolution der weiblichen Sexualität auf die Fahnen geschrieben hat, wird spätestens Anfang der 80er auch der letzte Anhänger desillusioniert zurückgelassen. Die Hoffnungen auf Weltfrieden und Gleichbehandlung der Geschlechter sind verpufft, Sexismus und patriarchale Strukturen sind 40 Jahre später immer noch so präsent, dass selbst Bilquis völlig vergessen hat, was sie einmal für Kräfte hatte. Technical Boy hat das Heilmittel, sagt er: Instagram und Dating-Apps. Sie kann sich weltweit zur Schau stellen und Likes und Matches kassieren - die sexuelle Selbstbestimmung des 21. Jahrhunderts. Ob sich eine personifizierte Sinnlichkeit wie Bilquis längerfristig damit zufrieden gibt, wird sich zeigen. Sie gehört vergöttert, und sonst nichts.

Easter

Easter (Kristin Chenoweth) sieht das zunächst noch etwas anders. Dass niemand ihrer Gäste, oder allgemein Menschen auf der Welt, das Osterfest feiern, um ihr zu huldigen, interessiert sie nur marginal. Sie feiern es, und sie bezieht es einfach auf sich selber und erfreut sich an all den tollen Osterzeremonien - ist ja auch bequemer. Wednesday (Ian McShane) vermag ihre Gier nach Anhimmelung jedoch wieder zu entflammen und so tut sie, was sie tun muss, um die Menschen zum Beten zu bringen: Sie nimmt ihnen den Frühling weg. Sie saugt dem Staat das Grün aus und erhofft sich, dadurch ihre treue Anhängerschaft zurück zu bekommen. Ob der Plan aufgeht, steht in den Sternen, aber in jedem Fall hat sie sich dafür auf Wednesdays Seite geschlagen und den Zorn der neuen Götter auf sich gezogen, die nun offenbar nicht mehr an ihrem Vorhaben festhalten, die ganze Sache friedlich über die Bühne zu bringen. Wednesday wird seinen Krieg bekommen, da scheinen sich nun alle Parteien einig zu sein.

Ob Shadow (Ricky Whittle) damit nach wie vor einverstanden ist, bleibt fraglich. Schließlich fasste er den Entschluss, Wednesday zu helfen, vor allem aus dem durch den Tod seiner Frau entstandenen Nihilismus, der sich nun aber in Luft auflösen könnte, sollte Laura (Emily Browning) wirklich zurück unter die Lebenden geholt werden. Easter kann (oder will?) ihr dabei nicht helfen, aber eigentlich sollte das doch mit irgendeinem der anwesenden Jesus machbar sein. So oder so liegt ein Konflikt in der Luft, den Wednesday nicht so leicht aus der Welt kriegen wird: Laura hat erfahren, dass er für seinen Tod verantwortlich war und sie hat keinen Grund, das Shadow nicht zu verraten. Der hat von diesem ganzen Götter-Gedöns ohnehin die Nase voll und wäre dann wohl endgültig nicht mehr aufzuhalten. Es sei denn, sein zurückhaltendes Glaubensbekenntnis gegen Ende war so aufrichtig gemeint, dass auch Laura ihn nicht mehr davon abbringen kann. Dass wir das nicht wissen, ist Bryan Fullers Mut zu verdanken: Schon nach wenigen Episoden von American Gods haben er und Michael Green sich so gut wie gänzlich von der Vorlage verabschiedet, ohne ihren Kern zu verraten. Bei solch einem populären Werk ist das ein gigantisches Risiko, das sie völlig zu Recht eingegangen sind. Die 2. Staffel hat ein ideales Fundament, um die Holprigkeiten der ersten acht Folgen zu umgehen. Nun heißt es warten. Und glauben.

"What do you think gods do? They do what they've always done. They fuck with us."

Notizen am Rande:

- Die Episoden in der Serie, die nicht im Roman sind, stammen teilweise trotzdem von Neil Gaiman. Gegenüber Inverse  verriet er, er habe noch haufenweise Material, das es aus Platzgründen nicht ins Buch geschafft hat und sicherlich in Staffel 2 unterkommen wird.

- Heimlicher Held des Staffelfinales: Jesus. Zuerst als wehleidiger Weltschmerz-Träger charakterisiert (Seine Reaktion darauf, dass alle an Ostern ihn und nicht Easter anbeten: "I feel terrible about this") entspannt er sich kurze Zeit später auf dem Pool und vergisst, dass sein Glas nicht auch auf dem Wasser stehen bleibt: "Goddamn it."

- Wieder hat sich Bryan Fuller die Fooddesignerin und Hannibal-Kollegin Janice Poon ins Boot geholt, um das Buffet des Osterfests zu entwerfen. Und tatsächlich ist der Tisch nicht nur wunderschön, sondern auch gruselig. Die gegrillten Hasen mit den süßen Mützchen könnten genauso gut bei Hannibal Lecter zuhause serviert werden.

- Hier, ein Jesus-Gruppenbild . Gern geschehen.

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