Bella & der Feigenbaum - Schocktherapie im Ersten

23.08.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Bella & der Feigenbaum
ARD
Bella & der Feigenbaum
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Was sich die ARD Degeto unter einer schönen Sommerkomödie vorstellt, demonstriert einmal mehr das katastrophale Frauenbild in öffentlich-rechtlichen Fernsehfilmen. So viel unverhohlene Misogynie hat selbst Christine Neubauer nicht verdient.

Ein inoffizielles Ziel der ARD Degeto ist es offenbar, all die zahllosen Produktionen feierabendlicher Fernsehfilmleichtigkeit nach einem so konsequent gleichen Muster zu stricken, dass die vollumfängliche Denkabstumpfung dabei einer Art Franchise-Prinzip entspricht. Dazu sind längst nicht nur die vielen, in Zusammenarbeit von Ziegler Film und der ARD Degeto gefertigten Beziehungsklamotten mit Christine Neubauer zu zählen, sondern weitgehend alle TV-Geschlechterkomödien, die als gebührenfinanzierte Primetime-Idiotie vorzugsweise mittwochs und freitags durch den Äther schießen. Wer zwei, drei oder bedauerlicherweise vielleicht sogar vier dieser debilen Gefühlseventfilme gesehen hat, der hat sie eigentlich alle gesehen. Der ist schon mal erfolgreich konditioniert, systematisch weich gekloppt, irreversibel auf Hirnverdrehung eingestellt. So gesehen mag Bella und der Feigenbaum nicht geeignet sein, entsprechend masochistische Fernsehfilmzuschauer zu überfordern, aber eine Qual ohnegleichen ist diese neueste Schocktherapie im Ersten natürlich trotzdem. Und eine ziemlich hinterlistige noch dazu.

Der öffentlich-rechtliche Freitagabend
Die Wiederholung des ewig gleichen beginnt in Minute eins: Spätestens kurz nach 20:15 Uhr hat sich der Verlauf des Films offenbart, ist jede narrative Absicht punktgenau im Voraus bestimmbar. Was die allabendlichen TV-Produktionen der ARD zu erzählen haben, erzählen sie bereits in den ersten Bildern. Das müssen sie auch, wenn sie verlässlich sein wollen in der Bestätigung einer Sehnsucht nach Wissensvorsprung. Es ist egal, was passiert und wie es passiert, so lange es überhaupt passiert. Und so lange es kontrollierbar ist. Aber es bleibt der Zweifel: Wissen Autoren und Redakteure, dass ein bestimmtes Publikum so etwas sehen will, oder unterstellen sie es ihren Zuschauern lediglich? Sind beständig hohe Quoten eine zuverlässige Rückversicherung? Könnte ein ARD-Programmdirektor tatsächlich gewissenhaft sagen, der öffentlich-rechtliche Freitagabend sei mit derartigen Produktionen optimal programmiert? Müssen Zuschauer, die an reaktionären „Frauenfilmen“ mit Esther Schweins oder Muriel Baumeister in den Hauptrollen ungleich weniger Interesse haben als die womöglich nur vermutete Zielgruppe, so etwas unter gesetzlichem Zwang auch noch aktiv mitfinanzieren?

Die Frauen und die Männer
Jedenfalls: Bella und der Feigenbaum. Furchtbar, wieder einmal nur: furchtbar. Christine Neubauer spielt Bella Sommer, ein subtiler Verweis auf das Schöne und Sommerliche dieser Mallorca-Klamotte. Erzählt ist, wie bereits erwähnt, alles schon in den ersten Minuten: Eine Parallelmontage setzt Bella rasch in Bezug zu Dr. Jonas Berger (Oliver Stokowski), in dessen Praxis sie als Arzthelferin arbeitet. Während sie morgens ihren Feigenbaum gießt und vor der Arbeit noch die Reinigung aufsucht, springt Chefchen Berger in sein Cabrio und spielt Golf. Ja, so sind sie halt, die Frauen und die Männer, das kennen wir ja alles schon. Mittwochs und freitags, aus der ARD. Bella hat Geburtstag, aber das bedeutet ihr nichts. Es sei denn, Zahnarzt Jonas würde ihr gratulieren, aber das tut er nicht. Er behandelt seine Praxishilfe im Wesentlichen wie einen Fußabtreter, der sich mit der Übernahme von jedweder Drecksarbeit auch noch dankbar zeigen sollte (und es sogar tut!). Denn Jonas hält viel von sich, seinen Chauvinismus kultiviert er demonstrativ. Bella ist trotzdem in ihn verliebt, seit Jahren schon. Der Film gibt keinerlei Anhaltspunkte, warum das so ist.

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