Bates Motel - Rihanna duscht in Alfred Hitchcocks Vermächtnis

14.09.2017 - 10:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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Norman Bates, Rihanna und eine legendäre Dusche: Mein Herz für Serie gilt dieser Woche dem Psycho-Prequel-Reboot Bates Motel und ganz besonders einer Szene, auf die Fans fünf Jahre warten mussten.

Achtung, der folgende Text enthält Spoiler zur 5. Staffel von Bates Motel: Seit dem großen Erfolg von Serien wie The Walking Dead und American Horror Story findet das Horrorgenre immer öfters Einzug in das Format Serie. Im März 2013 startete schließlich mit Bates Motel eine Psychohorror-Serie, die die Vorgeschichte des jungen Norman Bates und seiner Mutter Norma Bates erzählt. Doch wer ein simples Prequel zu Alfred Hitchcocks Slasher-Großvater Psycho von 1960 oder der Romanvorlage von Robert Bloch erwartete, wurde schnell überrascht. In der Pilotfolge schien Bates Motel anfangs in den 50er Jahren angesiedelt zu sein, bis eine der Figuren ihr Smartphone zückte. Bereits von der ersten Folge an war also klar, dass Bates Motel einige Überraschungen für die Zuschauer parat halten würde.

Im Fokus der Serie Bates Motel steht die Beziehung zwischen Norman Bates (Freddie Highmore) und seiner Mutter Norma Bates (Vera Farmiga) sowie dessen zunehmends wachsende psychische Störung. Über 5 Staffeln und 50 Episoden wird der Verfall der Psyche eines jungen Mannes in Szene gesetzt, der schließlich mit der Handlung der ikonischen Vorlage korreliert und darüber hinaus einige unerwartete Wendungen nimmt. Das Highlight von Bates Motel ist eindeutig das zentrale Hauptdarsteller-Duo Freddie Highmore und Vera Farmiga. Besonders Farmiga glänzt in der Rolle der überfürsorglichen Mutter, die ihren Sohn vor seinen inneren Dämonen beschützen will und damit schließlich selbst zu seinem Dämon wird. Farmiga übernimmt quasi gleich drei Rollen in Bates Motel, beziehungsweise stellt sie die gleiche Figur in drei verschiedenen Varianten dar. Zuerst spielt sie die reale Norma und später Normans Wunschvorstellung seiner Mutter als liebevolle 1950er-Hausfrau. Ebenso mimt sie im späteren Verlauf der Handlung die Verkörperung von Normans Mordtrieb als manipulative Persönlichkeit Normans, die für ihn abscheuliche Taten vollbringt.

Die Höhen und Tiefen einer Mutter-Kind-Beziehung

Es ist leider nicht alles Gold, was glänzt. So sehr das Mysterium um Norman und seiner Mutter auch fasziniert, wird dieser Teil der Serie besonders ab der 2. Staffel von einem generischen Teenie-Drogen-Plot um Normans Halbbruder Dylan (Max Thieriot) überschattet. Doch immer wieder wird der zähe Verlauf der Serie von großartigen Wendungen wettgemacht. Das Warten lohnt sich definitiv, denn mit dem Auftauchen von Normans gespaltener Persönlichkeit in Staffel 3 nimmt die Handlung ordentlich Fahrt auf und die Spannung steigt von Folge zu Folge. Auch Normas Rolle wird zunehmends komplexer, wenn sie immer mehr zu zweifeln beginnt, ob sie ihrem Sohn helfen kann. Seinen unerwarteten Höhepunkt erreicht Bates Motel in der vorletzten Episode der 4. Staffel. Bis zu dem Zeitpunkt war nicht ganz eindeutig, worauf die Serie wirklich hinausläuft. Aus dem Wissen der Vorlage war das große Mysterium, wie und auf welche Weise sich irgendwann Normas schreckliches Schicksal erfüllen würde.

In der 9. Episode der 4. Stafel mit dem Titel Forever wird Normas tragischer Tod schließlich Realität und bricht mit allen Erwartungen der Zuschauer sowie den Konventionen des Seriengenres. Denn normalerweise würden Serienzuschauer den Tod einer so wichtigen Figur in einem Staffelfinale erwarten, doch in Bates Motel findet Norma ihr Ende überraschend und ohne Vorankündigung. So erfahren wir jedoch noch im Staffelfinale wie Normas Leiche ihren Weg in das Haus der Bates fand. Das Ende der 4. Staffel ließ zugleich das Ende der Serie klarer erscheinen. Mit dem Tod von Norma und der häufigeren Präsenz von Normans gespaltener Persönlichkeit scheint die 5. und letzte Staffel auf das ikonische Zusammentreffen von Norman Bates und Marion Crane hinauszulaufen, um schließlich die Handlung von Psycho einzuholen.

Fünf lange Jahre warteten wir auf ... Rihanna

Der wohl größte Moment von Bates Motel, auf den alle Fans gewartet haben, ist der Auftritt von Marion Crane, mit dem die Prequel-Serie endlich die Handlung von Psycho einholt. Doch mit der Besetzung von Popstar Rihanna in der Rolle, die Janet Leigh zu einer Ikone machte, wird schon rein optisch klar, dass Bates Motel auf seine eigene Weise mit dem Original umgehen wird. Denn vier Staffeln lang festigte die Serie ihre eigene Identität fernab der Filmvorlage und deren Sequels und doch beginnt das Erscheinen von Marion Crane sehr vertraut. Sie hat eine leidenschaftliche Affäre mit Sam Loomis. Marion weiß aber nicht, dass dieser verheiratet ist und sie deshalb davon abhält, zu sich nach Hause zu kommen. Sie arbeitet ebenfalls in einer Immobilienfirma und in einer Kurzschlussreaktion beschließt sie, ihren Chef übers Ohr zu hauen und sich mit einer großen Geldsumme auf den Weg nach White Pine Bay zu Sam zu begeben. In einer verregneten Nacht, abgewimmelt von Sam, steigt sie im Bates Motel ab, wo sie den schüchtern wirkenden Besitzer Norman Bates trifft. Genau wie in Psycho lernen sich die beiden beim gemeinsamen Plausch und einer Tasse Tee etwas näher kennen. Anschließend entschließt sich Marion, eine kurze Dusche zu nehmen. Sie entkleidet sich und wirft ihr Höschen auf den Toilettendeckel neben der Dusche. Die Spannung steigt.

Die spannendste Dusche der Seriengeschichte

Um es vorweg zu nehmen: Die bildsprachliche Raffinesse und Symbolik von Alfred Hitchcocks legendärer Duschszene mit ihren 78 Einstellungen und 52 Schnitten innerhalb von 3 Minuten (ein Novum seiner Zeit) sollte und konnte hier gar nicht erreicht werden. Viel mehr steht das Spiel mit den Erwartungen und Erinnerungen an eine Szene im Vordergrund, die sich in über 55 Jahren in das kollektive Gedächtnis der Popkultur gebrannt hat. Ich erinnere mich noch, wie ich vor Euphorie auf meinem Sofa hoch und runter hüpfte, als Rihanna aka. Marion Crane die Dusche betrat. Eine subjektive Kameraeinstellung auf einen brausenden Duschkopf und schon schreit der innere Filmnerd. In an das Original angelehnten Einstellungen baut sich eine enorme Spannung auf. Und dann kommt der große Twist: Norman kann seinen inneren Morddrang unterdrücken und Marion verlässt die Dusche lebend. Genau wie Normans Psyche wird der Zuschauer gespalten aus dieser Szene entlassen. Einerseits ist es ein großartiger Twist, Marion Cranes Schicksal zu verändern und etwas Neues zu kreieren. Anderseits macht sich Ernüchterung breit, fünf Jahre auf die Bates-Motel-Version der Psycho-Dusche gewartet zu haben und dann passiert nichts.

Doch es wäre nicht das Bates Motel, das man vier Staffeln lang lieben gelernt hat, wenn die Serie nicht noch ein Ass im Ärmel hätte. Erstmal bekommt Marion Cranes Figur das Ende spendiert, das ihr in den Vorlagen vergönnt blieb. Sie findet heraus, dass Sam Loomis verheiratet ist und darf sich gebührend an dem Fremdgeher rächen, indem sie ihren Frust mit einem Montierhebel an seinem Auto auslässt. Dadurch erfährt auch seine Ehefrau von dem Seitensprung. Anschließend sehen wir Marion Crane ein letzte Mal, mit einem Batzen Geld im Gepäck und befreit von ihrer emotionalen Abhängigkeit, mit ihrem Auto in eine ungewisse Zukunft davonfahren.

Die blutige Dusche, auf die wir alle gewartet haben

Und dann kommt es tatsächlich zur großen, unerwarteten Wendung. Von seiner Frau rausgeschmissen quartiert sich Sam Loomis in einem Zimmer des Bates Motels ein und begibt sich wie Marion Crane zuvor unter die geschichtsträchtige Brause. Dieses Mal gibt Norman seiner imaginären Mutter nach und die Episode mündet im verdienten What-The-Fuck-Moment, der die legendäre Filmszene mit einem blutigen und Geschlechter-wechselnden Twist versieht. Ich habe meinen Fernseher vor Aufregung angeschrien, als Sam unter der Dusche stand und sich plötzlich ein Schatten hinter dem Duschvorhang auftat. Es ist nicht Marion Crane, sondern Sam Loomis, der die tödliche Begegnung mit Norma(n) und seinem Küchenmesser macht. Und im Gegensatz zum Film begeht nicht Norma(n), sondern ein verstörter und blutbespritzter Norman selbst die Tat, was sich auch in der kleinen Änderung von Normans Bemerkung nach dem Blutbad widerspiegelt: "Mutter, was habe ich getan?". Tatsächlich bekommen wir einige der ikonischen Einstellungen der filmhistorischen Mordszene in neuer Form zu sehen. Eine großartige Hommage an den Meister des Suspense Alfred Hitchcock. Ein paar Vergleiche zwischen den Duschszenen aus Psycho und Bates Motel könnt ihr euch hier ansehen:

Am Ende bekamen Fans nicht nur eine, sondern gleich zwei Varianten der ikonischen Psycho-Szene zu sehen. Wieder einmal zeigte Bates Motel, dass die Serie eine eigene Identität entwickelt hat und ihre Vorlage nur als Inspiration heranzieht, um etwas unvorhergesehenes zu erschaffen. Mit dem Abschluss des Psycho-Kapitels stehen nach Marions Wendepunkt noch vier Folgen bis zum Finale der Thriller-Serie aus. Ohne die schwere Last von Hitchcocks Meisterwerk im Nacken, kann sich Bates Motel ein letztes Mal komplett befreit seinen aufgebauten Figuren hingeben und sie in einem letzten emotionalen Showdown zusammenbringen. Am Ende der letzte Folge konnte ich beruhigt sagen, dass sich die fünfjährige Reise in Normans Psyche mehr als gelohnt hat.

Habt ihr Bates Motel schon gesehen?

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