Es ist praktisch und bequem – dank der Autoplay-Funktion bei Streaming-Plattformen können wir Serien bingen, ohne uns zu bewegen. Die nächste Folge startet automatisch nach ungefähr 5 Sekunden und wir Zuschauer:innen können uns im Programm vertiefen.
Aber welche Auswirkungen dies auf uns und unser Verhalten hat, ist nur den wenigsten bewusst. Der Fachbereich Informatik der University of Chicago hat in diesem Monat die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die die Auswirkung von Autoplay auf unser Verhalten untersuchte.
Die Autoplay-Funktion von Netflix fesselt uns an die Bildschirme
Der kürzlich veröffentlichte Bericht zur Studie der Universität von Chicago legt nahe, dass die Autoplay-Funktion das Konsumverhalten manipuliert. Die Studie wurde an 76 Teilnehmer:innen durchgeführt, die angegeben haben, Netflix mäßig bis häufig zu nutzen.
Die Teilnehmer:innen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und ihr Konsumverhalten beobachtet. Eine Gruppe schaltete die Autoplay-Funktion für den Zeitraum der Studie aus, aber beide wurden vorher bereits sechs Monate beobachtet. Das Ergebnis war eindeutig.
Die Teilnehmenden, die Autoplay ausgeschaltet hatten, haben ihre Inhalte sorgfältiger ausgewählt und ca. 18 Minuten weniger pro Netflix-Session konsumiert. Ein Teilnehmender sprach auch davon, dass er bewusster mitbekam, was passierte:
Mir wurde klar, wie viele Folgen ich mir ansah … Früher habe ich nicht so genau darauf geachtet. Jetzt dachte ich: ‘Oh, okay, ich musste das dreimal machen, also ist das die dritte Folge.'
Netflix & Co. wollen, dass wir lange am Stück schauen – und erreichen das auch
Brennan Schaffner, der die Studie geleitet hat, interpretierte die Ergebnisse für den Bericht. Dabei erkennt er an, dass das Ziel der Streaming-Plattformen darin besteht, die Nutzer:innen möglichst lange zu binden. Die Autoplay-Funktion ist ein Werkzeug zu diesem Zweck. Dies bringt allerdings auch ein Risiko für das Konsumverhalten. Die Studie schlüsselt auf, was mit dir passiert, wenn die Autoplay-Funktion läuft:
Der 5-Sekunden-Countdown für die automatische Wiedergabe reicht den Zuschauenden kaum aus, über ihre ursprünglichen Absichten, die Plattform zu besuchen, nachzudenken oder sie auch nur noch einmal zu überdenken.
Schaffner stellt in Aussicht, dass die Auswirkungen der Autoplay-Funktion größere Probleme nach sich ziehen könnten, zum Beispiel auch für Kinder. Nutzer:innen achten laut den Ergebnissen der Studie weniger darauf, was sie sich anschauen und besonders für Kinder könnte dies dazu führen, dass unbewusst oder unabsichtlich auch Programme laufen, die eigentlich ungewollt sind.
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Die Ergebnisse sind eindeutig und werden wahrscheinlich weitere Studien nach sich ziehen. Immerhin sind 76 Teilnehmer:innen eine sehr kleine Gruppe an Personen, an denen das Verhalten untersucht wurde. Dennoch wird von den Durchführenden der Studie empfohlen, dass die amerikanische FTC (Federal Trade Commission) und europäische DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) sich mit der Thematik befassen sollten.