Ich, Alfred Hitchcocks Die Vögel & der reale Horror

22.09.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die VögelUniversal Pictures
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Der Horrorfilm Die Vögel scheint einer der wenigen Hitchcock-Großwerke zu sein, die noch nicht in der Rubrik Herz für Klassiker verewigt wurden. Deshalb widme ich mich heute den fliegenden Biestern und lasse den Alfred hochleben.

Ich kam relativ spät in Berührung mit Alfred Hitchcocks Die Vögel, denn ich konnte mich nie so recht aufraffen. Dem Film eilte der Ruf voraus, arg veraltet und fast schon langweilig zu sein. Doch dass Hitchcock langweilig ist, das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen und so zog mich schließlich eines Abends ins menschenleere Wohnzimmer zurück und legte die DVD mit dem mittlerweile über 50 Jahre alten Film ein. Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte, denn auch Die Vögel schaffte es, mich in den Bann zu ziehen.

Warum ich Die Vögel mein Herz schenke

Die Vögel steht wahrscheinlich nicht nur in meiner persönlichen Hitchcock-Hierarchie im Schatten von Psycho und hatte es deshalb von Beginn an nicht leicht. Doch trotzdem hat der Thriller einen besonderen Platz in meinem DVD-Regal bekommen. Ich lernte den Film zur perfekten Jahreszeit kennen, als auch von draußen die markerschütternden Schreie der Krähen ins Haus schallen. Der Herbst verstärkte die Intensität von Die Vögel und ließ das Unwohlsein länger als die 119 Minuten des Films andauern. Die kahlen Bäume und davonziehende Vogelschwärme vereinten Realität und Fiktion, welche dem TV-Gerät entsprang. Wobei, das Wort Fiktion hätte Alfred Hitchcock wohl nur sehr ungern im Zusammenhang mit seinem Streifen gehört. Denn schon in der Einleitung (oben könnt ihr diese sehen) schildert er uns anhand eines Vortrags die Beschaffenheit der Gattung der Vögel. Er zeigt uns quasi schon vor Beginn des Films die stärkste Waffe seines 1963 erschienen Thrillers: Die enge Verbundenheit mit der Realität.

Die Horror-Elemente, die stets auf den Punkt genau inszeniert wurden, hatten von Minute Null an eine ganz spezielle Wirkung und kamen mir bei ganz natürlichen Alltagssituationen plötzlich wieder in den Sinn. Sei es der Herbst-Spaziergang, ein offenes Fenster in der Küche oder der Weg vom Haus zum Auto, die Vögel können zu jeder Zeit kommen. Hitchcocks große Kunst der Inszenierung ist hier so deutlich spürbar wie fast in keinem seiner übrigen Werke, denn er konzentriert sich auf das Wesentliche. Aus einem überschaubaren Plot wir mehr als das meiste herausgeholt.

Warum auch andere Die Vögel lieben werden

Dass die meisten Hitchcock-Fans Die Vögel bestimmt genauso lieben wie ich, ist wohl nichts Außergewöhnliches. Doch mit seiner einzigartigen Machart spricht er zudem Fans von Klassikern und Fans von Horrorfilmen gleichermaßen an. Ohne seiner Erzählung wie die Luftbewohner ein Feind der Menschen sein können und die oft vom Menschen gequälte Tierwelt auch die Peiniger-Rolle übernehmen kann, gäbe es wohl Filme wie Der weiße Hai, aber auch Trash wie Sharknado - Genug gesagt! nicht in der Form, wie wir sie kennen. Die Vögel stellen ein Phänomen dar, das nur wenige Filme in sich tragen: Er ist einer der prägendsten Filme seines eigenen Genres. Zwar ist er nicht der erste, aber sein Einfluss ist bis heute spürbar. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, können selbst die Skeptiker unter euch mit dem Film etwas anfangen.

Neben der dramaturgischen Meisterleistung ist auch die Darbietung der Schauspieler ein Grund, den Film zu lieben. Tippi Hedren wurde schon damals als Hitchcocks neue Grace Kelly bezeichnet und Rod Taylor hat dem Film vermutlich besser getan, als es eine erneute Performance von Cary Grant getan hätte.

Warum Die Vögel die Jahre überdauern wird

Obwohl die technische Seite von Die Vögel heutzutage nicht mehr überzeugen kann, schafft dies der Film noch immer in den wichtigsten Punkten. Die bisher genannten Punkte vereint, ergeben für mich einen Meilenstein in der Geschichte des Horrorfilms und sorgen auch dafür, dass er ebenso die nächsten 50 Jahre überdauern wird. Ich hoffe, dass wegen der mittlerweile veralteten Technologie keine 'Vertrashisierung' stattfindet und der Film auch in ein paar Jahren von Zuschauern mit ernsten Absichten angesehen wird. Mein Gefühl des unter der Oberfläche lauernden Horrors, der bei jedem Vogelschrei in der freien Natur zum Vorschein kommt, gönne ich auch der nächsten Generation.

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