Geht da wirklich gerade eine 12 Jahre lange Reise zu Ende? Wer The Big Bang Theory in den letzten Monaten verfolgt hat, dürfte da so seine Zweifel gehegt haben. Irritierend unsentimental kroch die Sitcom vorwärts, vegetierte routiniert und stumpf vor sich hin.
- Zum Weiterlesen: The Big Bang Theory-Macher trifft die einzig richtige Entscheidung
Sie war eben wie eine deutlich in die Jahre gekommene Serie, die viel zu lange lief, um noch etwas zu spüren. Oder - noch besser - seine Fans Abschiedsschmerz spüren zu lassen, mit den vielen Mitteln, die einer Sitcom offen stehen.
Wie sich The Big Bang Theory seinem Ende nähert - Die wichtigsten Beobachtungen
- Mit The Big Bang Theory und Game of Thrones enden zwei der größten Serien der vergangenen Jahre gleichzeitig.
- Nur will The Big Bang Theory ihren Figuren ein möglichst schönes Finale bescheren.
- Das Ende von The Big Bang Theory ist endlich spürbar und es wiegt schwer.
The Big Bang Theory wirkte lange nicht wie eine Sitcom, der nur noch wenige Folgen bis zum Sitcom-Himmel bleiben. Emotionale Abschiedsäußerungen waren den sozialen Medien vorbehalten, wo Stars wie Kaley Cuoco Tränen vergossen.
Doch kurz bevor im Doppel-Finale die letzten Boxen mit chinesischem Essen vom Wohnzimmertisch geräumt werden und der letzte Lacher aus der Konserve verstummt, wachte die größte Sitcom unserer Zeit doch noch auf.
The Big Bang Theory: Die kranke Beziehung zwischen Leonard und seiner Mutter
Die zurückliegende The Big Bang Theory-Folge endete mit einer Versöhnung. Leonard (Johnny Galecki) und seine Mutter Beverly (Christine Baranski) führten eine der fürchterlichsten Beziehungen im The Big Bang Theory-Kosmos.
Beverly, eine preisgekrönte Neuropsychologin, zog ihren Sohn nach rein logischen Gesichtspunkten auf, verweigerte ihm irrationalere Zuwendungen wie Lob, Unterstützung und überhaupt die meisten gängigen Liebesbeweise.
Leonards Verhältnis zu seiner Mutter war grausam und zermürbend, aber natürlich wichtiger Teil seiner schwachen, nach Aufmerksamkeit und Zustimmung lechzenden Persönlichkeit. Leonards Persönlichkeit ist ein Beispiel für effektiven Sitcom-Zynismus.
So finden Leonard und seine Mutter endlich zueinander
Die letzte Folge vor dem Finale beginnt mit dem Besuch Beverlys, der ganz anders verläuft als jeder zuvor: Beverly interessiert sich für die Arbeit ihres Sohnes, schenkt ihm warme, ungeteilte Aufmerksamkeit. Das alles stellt sich als Test heraus. Die Ergebnisse will Beverly für ihr nächstes Buch verwenden. Alles wie immer.
The Big Bang Theory-Snacks für zwischendurch:
- The Big Bang Theory hat vor dem Finale noch einen Rekord gebrochen ...
- ... und Kaley Cuocos Rolle war eigentlich ganz anders.
Wir dürfen in diesen Tagen beobachten, wie zwei der größten Serien der vergangenen 15 Jahre ihr Ende vorbereiteten. The Big Bang Theory und Game of Thrones tun dies auf sehr unterschiedlich Weise, aber beiden ist daran gelegen, ihren Figuren ein würdiges (ein dehnbarer Begriff) Ende zu schenken.
Leonard, der kurz auf etwas wärmende Zuwendung gehofft hatte, resigniert. Er findet sich ab mit seiner kaltherzigen Mutter, akzeptiert die Situation, wie sie ist und ... er vergibt Beverly. Es ist der Wendepunkt in ihrer Beziehung. Beverly benötigte genau diese Absolution, um ihre verhärtete Gefühlswelt gegenüber Leonard aufzubrechen.
The Big Bang Theory bereitet sich auf das Ende vor - endlich
Es folgt ein inniger Moment zwischen Leonard und Beverly. Er ist so rein und klar wie nur irgend möglich. Und er ist ohrenbetäubend still, kein ironischer Kommentar bricht ihn. Absolute Ruhe im Laugh-Track-Gewitter von The Big Bang Theory hört sich so unwirklich an wie eine Autobahn, der die Geräuschkulisse abgesaugt wurde.
Mit diesem Stilmittel heben Sitcoms emotionale Meilensteine für ihre Figuren hervor. Die Gesetze der Gattung ziehen sich kurz zurück für eine konzertierte Würdigung des Augenblicks. The Big Bang Theory hatte davon zuletzt nicht viele.
Warum dieser The Big Bang Theory-Moment so genial ist
In Game of Thrones sterben die Figuren meistens. In The Big Bang Theory dürfen sie nach dem Finale endlich normal leben. The Big Bang Theory will nur das Beste für seine Figuren.
Auch Leonard soll endlich eine liebende Mutter haben. Es gibt keine andere logische Erklärung für Beverlys Sinneswandel. Nichts davon passt zu ihrer Figur, sie handelt gänzlich Out-of-Character. Da ist das Faszinierende an diesem Twist: Er passiert komplett unvermittelt und ist so der erste echte Vorbote für eine Sitcom, die nach und nach die Bürgersteige hochklappt.
Die Autoren lassen ihre Figuren Frieden schließen, entziehen ihnen das Gift, das so lange so wertvoll war.
Sitcoms brauchen fiese Figuren und kaputte Beziehungen
Toxische, ungesunde Beziehungen zwischen Figuren sind Gag-Goldadern, aus denen viele Sitcoms und ihre Autoren Staffel für Staffel schürfen. Innerhalb dieser Beziehungen
positionieren die Autoren Dialoge für ihre gequälte Figuren.
Wie etwa auch Two and a Half Men zielen die Pointen in The Big Bang Theory häufig auf die menschlichen Schwächen ihrer unsicheren Figuren ab: Es sind als Witze verkleidete Beleidigungen, ausgesprochene Wahrheiten, die sich enge Vertraute so normalerweise nicht an den Kopf werfen würden.
Aber solange die Sitcom existiert, müssen auch diese Beziehungen existieren. In der echten Welt hätten sich Leonard und seine Mutter vielleicht längst voneinander entfremdet oder ihre offenkundigen Kommunikationsprobleme wie zwei (hoch)intelligente, erwachsene Mensche gelöst.
Nun endet The Big Bang Theory, die kaputte Beziehung wird wertlos für die Sitcom, Leonard und seine Mutter dürfen sich endlich vertragen. Die Figuren werden aus ihren quälenden Existenzen entlassen. Die Neurosen, die sie für die Sitcom erst so wertvoll gemacht haben, spielen keine Rolle mehr. Sie dürfen endlich erfüllende Beziehungen führen.
The Big Bang Theory wäscht sich rein. Es ist die perfekte Vorbereitung auf ein wahrscheinlich tolles Finale am kommenden Donnerstag.
Freut ihr euch auf das große Finale von The Big Bang Theory?