The Walking Dead - Staffel 8, Folge 10: Müllberge der alten Welt

06.03.2018 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
The Walking Dead - Staffel 8, Folge 10: The Lost and the PlunderersAMC
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Nach dem großen Melodram der letzten Woche folgt die große Leere in The Walking Dead. Carls Tod hat zweifelsohne ein Loch in der Serie hinterlassen. In der 10. Folge der 8. Staffel fangen die Dinge an, auseinanderzubrechen.

Als The Walking Dead letzte Woche über die Bildschirme flimmerte, haben wir Carl (Chandler Riggs) eine Stunde lang beim Sterben zugesehen. Die Rückkehr aus der Winterpause entpuppte sich als apokalyptisches Melodram, das so determiniert auf sein jähes Ende zusteuerte, dass es selbst für The Walking Dead-Verhältnisse überdurchschnittlich beängstigend und bedrückend war. Eine ganze Episode lang verabschiedete sich Carl von seinen Liebsten, ehe er sich auf drastischste Weise selbst aus dem Leben katapultierte. Nun herrscht die Stille des Morgengrauens, dicht gefolgt von zerreißender Leere, die Rick (Andrew Lincoln) und Michonne (Danai Gurira) Tränen in die übermüdeten, aufgequollenen Augen treiben. So oft im bisherigen Verlauf der Geschichte Carls Ableben provoziert wurde - im Nachhinein fühlt es sich noch stärker, noch tragischer an. Besonders dann, wenn nur noch Fragmente zum Erzählen bleiben, da nichts außer ein Scherbenhaufen übrig geblieben ist.

Geschrieben von Angela Kang, Channing Powell und Corey Reed folgt The Lost and the Plunderers, die 10. Episode der 8. Staffel, einem ungewohnten Aufbau. Aufgeteilt in sechs Kapitel nimmt die Episode jeweils die Perspektive einer bestimmten Figur ein, zumindest kolportieren dies die mit Namen versehenen Titelkarten. Beginnend mit Michonne erhalten wir später ein kleines Update von Negan (Jeffrey Dean Morgan), bevor mit Enid (Katelyn Nacon) die wohl unwahrscheinlichste Figur ins Zentrum rückt. Danach folgen Jadis (Pollyanna McIntosh), Simon (Steven Ogg) und schließlich greift auch Rick zum Funkgerät, um mit jenem Mann zu reden, den er für den Tod seines Sohnes verantwortlich macht. Zuvor findet Regisseur David Boyd in seiner Inszenierung aber vor allem ruhige, stimmungsvolle Augenblicke, die das Loch verdeutlichen, das Carls Abgang hinterlassen hat. Blaue Farbe und die Trümmer des Vergangenen spielen dabei eine besondere Rolle.

Zuerst wären da etwa die Handabdrücke auf der Veranda in Alexandria, die trotz der Rauchschwaden im Hintergrund unerschütterlich an eine behütete, naive und glückliche Kindheit erinnern, wenngleich für uns Zuschauer der Hintergrund dieser künstlerischen Geste längst mit dem großen Unglück verbunden ist. Dann sind da Rick und Michonne, die entgegen ihrer Verzweiflung den zerstörten Ort, den sie zumindest für eine kurze Zeit lang ihr Zuhause nennen konnte, noch zu retten versuchen. Der Pavillon, Ausdruck für die paradiesische Vision einer besseren, einer friedlichen Welt, soll nicht gänzlich in Flammen untergehen. Jeglicher Löschversuch offenbart sich allerdings als hoffnungsloser Wettlauf gegen die Zeit. Einerseits wäre da die Glut der Vernichtung, die sich nicht ersticken lässt. Andererseits scharen sich die Unoten hungrig um die letzten Verbliebenen auf dem Schlachtfeld, sodass die Flucht der einzige Ausweg ist und das Feuer gewinnt.

Die Welt um Rick und Michonne bricht wie das knarzende, ausgekohlte Holz auseinander. Dabei sind sie allerdings nicht die einzigen, denn im Lager der Saviors geht ebenfalls ein Stück Grundvertrauen verloren. Negan hält zwar weiterhin an seiner völlig durchgeknallten Weltsicht fest und hat aufopferungsvoll die Qualen der Zombie-Apokalypse auf sich geladen, um die Menschen zu retten. Wenn jedoch selbst seine Nr. 1 diesem Gelaber keinen Glauben mehr schenkt, ist definitiv etwas aus dem Gleichgewicht geraten. Simon ist unzufrieden mit dem Status quo und genervt von Negans weltfremden Worten, die wie gewohnt den Ernst der Situation verkennen, dieses Mal allerdings auch, dass die Saviors trotz ihres erfolgreichen Gegenschlags kurz vor dem Zerfall stehen. Negans Immunität gegen das Grauen lässt entweder auf einen großen Masterplan seitens des unantastbaren Bösewichts hoffen oder entlarvt ihn einmal mehr als schwadronierendes Übel, das es nach all dem Blutvergießen eigentlich besser wissen sollte.

Da Negan keine Entscheidung treffen will, macht Simon von seinen eigenen Methoden Gebrauch, als er an die Tür der Scavengers klopft, um eine Entschuldigung einzufordern. Was folgt, ist nicht nur ein gedehntes "ALL SHIT", das vermutlich niemand so ermüdend-aggressiv schreien kann wie Steven Ogg. Nein, generell liefert The Walking Dead diese Woche dem Scene-Stealer eine ideale Bühne, um zu beweisen, was in ihm steckt. Wo sich Jeffrey Dean Morgan zu schnell in seiner genüsslich schmatzenden Routine verliert, balanciert Steven Ogg die mitunter unberechenbare Bedrohlichkeit seiner Figur genauso pointiert wie unerwartet aus. "Light it up", sagt sein Simon plötzlich genauso ruhig wie emotionslos, bevor sich die Scavengers versehen und im Kugelhagel untergehen. David Boyd ist nicht einmal bemüht, das Massaker in denkwürdigen Bildern einzufangen. Im Gegenteil: Seine Inszenierung steht ganz auf der Seite von Simons schockierender Gleichgültigkeit.

Wurde The Walking Dead in jüngster Zeit regelmäßig mit dem Vorwurf konfrontiert, es würde nichts passieren, lässt die Serie seit der Rückkehr aus der Winterpause in puncto Konsequenz nichts vermissen. Simons schonungslose Handlungen sowie die anschließende Lüge gegenüber Negan verdeutlichen dies einmal mehr. Der Niedergang der Scavengers war vielleicht abzusehen, doch sicherlich nicht in solch trostloser Form, sodass Jadis nach einer weiteren Konfrontation mit Rick alleine im weißen Kleid auf ihrem Müllhaufen sitzen bleibt und dabei zusieht, wie die inzwischen in Zombies verwandelten Überreste ihrer Gefolgschaft im Häcksler untergehen. Mr. Todd und Mrs. Lovett hätten am matschigen Schauspiel sicherlich ihre Freunde. Für The Walking Dead bedeutet dieses Ereignis in erster Linie allerdings eine gewaltige Machtverlagerung, die auch im Bezug auf die Oceanside-Community interessant werden dürfte.

"We know the difference between friends and enemies", erklärt Enid den Frauen, die sie gemeinsam mit Aaron (Ross Marquand) an die Heizung ketten. Wenngleich sich The Walking Dead noch nicht sicher ist, wohin der holprige Austausch führen soll, fördert die Sequenz zumindest eine schöne Umarmung im grünen Wald zutage, der angenehm friedlich im Kontrast zu den Müllbergen und dem in Ruinen stehenden Alexandria wirkt. Für einen kurzen Augenblick scheint die Harmonie wiederhergestellt - vor allem, wenn Negan im (Funk-)Gespräch mit Rick kurz innehält, als er von Carls Schicksal erfährt. Es dauert aber nicht lange, da geben sich die beiden Männer gegenseitig die Schuld, reden von dem, was hätte sein können, und drohen, sich gegenseitig die Gurgel durchzuschneiden. Es ist bemerkenswert, wie The Walking Dead ganz heimlich im Verlauf der letzten Staffel diese zwei Vaterfiguren gegeneinander aufgebracht hat, sodass sie nun mit dem gleichen Verlust kämpfen müssen.

Die 8. Staffel von The Walking Dead wird sonntags in den USA auf AMC ausgestrahlt und ist hierzulande einen Tag später auf FOX und über Sky Ticket  zu sehen. Wer noch mehr über die aktuelle Episoden erfahren will, kann heute um 18:30 Uhr bei unserem Livestream auf YouTube vorbeischauen.

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